Ein offenes Haus

Seit einem Jahr sind die Türen des Lavaterhauses geschlossen. Eine dringend nötige bauliche Auffrischung musste stattfinden. Langsam nähert sich der Umbau dem Ende.

Dem aufmerksamen Altstadtbewohner ist sicherlich nicht entgangen, dass sich das Antlitz des Hauses grundlegend verändert hat. Anstelle eines dezenten, zurückhaltenden Einganges lädt neu oder eben erneut ein richtiges Eingangsportal mit Rundbogen zum Eintritt ein.
Schon bevor der Umstrukturierungsprozess der reformierten Kirche Zürichs in Gang gesetzt wurde, hat die Kirchgemeinde St. Peter sich in weiser Voraussicht Gedanken zur eigenen Zukunft gemacht. Mitgliederschwund, Nachwuchsproblematik und die sehr liberalen Altstadtbewohner links der Limmat machen auch vor der Kirche St. Peter nicht halt. Ein wichtiger Eckpfeiler der zukünftigen Gemeinde soll die Stärkung des einzigartigen Standortes mit der Kirche, der Hofstatt, dem Pfarrhaus und insbesondere eben auch mit dem Lavaterhaus sein.

Flexible Nutzungen
Mit dem Entschluss, das Lavaterhaus zu sanieren und mit dem anstehenden Umbruch der Kirchenstruktur stand man vor der spannenden Aufgabe, wie denn dieses neue Kirchgemeindehaus aussehen und funktionieren soll. Pfarrer Ueli Greminger, die Kirchenpflege, präsidiert von Stefan Thurnherr und die Baukommission unter der Leitung von Silvia Schneebeli wünschten sich ein offenes Haus. Ein Haus, das Quartierbewohnern, Besuchern, Alt und Jung offen steht, sich einladend zur St.-Peter-Hofstatt hin präsentiert und möglichst flexible Nutzungen, von der Sitzung übers Konzert bis zum wöchentlichen Jasstreff zulässt. Gleichzeitig beherbergt das Lavaterhaus auch noch die Lavatersammlung, die Sigristenwohnung und die Sozialdiakonie.

Raumschatullen
Neben all den Wünschen und Hoffnungen und den damit verbundenen funktionalen Anforderungen an das Lavaterhaus mussten die Architektinnen auch die sehr komplexe Erneuerung der Haustechnik meistern. Das Architekturbüro Roth Architektinnen um Britta Roth setzte sich in einem Wettbewerb mit einem Konzept von feinen, aber sehr präzisen Eingriffen durch.
Basierend auf einer gründlichen bauhistorischen Recherche verknüpfen die Architektinnen geschickt mittels dem neuen grosszügigen Eingangsportal und der neu gestalteten Zugangsrampe und -treppe die Kirche und die St.-Peter-Hofstatt mit dem Lavaterhaus. Die Architektinnen gehen sogar noch einen Schritt weiter und binden über die Eingangshalle, neu Lavaterhalle, mittels Wanddurchbrüchen auch noch den Innenhof an. Die Erschliessung schlängelt sich dann weiter hoch durchs Haus und verbindet die sogenannten Raumschatullen, wie Arvenstube, Bibliothek und Lavatersaal, um nur die wichtigsten zu nennen. Jede dieser Raumschatullen steht dann wie für sich selbst und ist dementsprechend auch eigenständig gestaltet, teils neu, teils saniert und teils bestehend gelassen. Die Arvenstube zum Beispiel, linker Hand des Einganges, bleibt die Arvenstube, nur die Türe wurde verbreitert, so kann sie je nach Nutzung räumlich mit der Bibliothek und der Lavaterhalle verbunden und als ein Raum genutzt werden.
Eine grosse Herausforderung des Umbaus neben der technischen und architektonischen Umsetzung des Konzeptes des offenen Lavaterhauses war auch die Koordination der verschiedenen Nutzer, involvierten Gremien und Ausschüssen, Architektinnen, Bauleitern und Nachbarn. Mit Engagement, Geduld, Weitsicht, Beharrlichkeit und einer klaren Linie führte Silvia Schneebeli die Baukommission, die mit dieser Aufgabe beauftragt wurde, durch die Bauzeit.

Offenheit
Doch zurück zum neuen alten Eingangsportal, quasi als Sinnbild für den Geist, der den Umbau getragen hat. Obwohl der Rückbau auf die Rundbogentüre aus dem Jahre 1921/ 1922, welcher bei der Zusammenlegung mit Hausnummer 7 gebaut wurde, von den Projektierenden angedacht wurde, verliess man diese Idee vor allem aus ökonomischen Überlegungen, da man ja nicht mehr wusste, ob der Rundbogen die Purifizierung von 1958/1959 überlebte. So setzte man auf einen einfacheren Eingang. Da dieser aber grösser sein sollte als der Bestehende, um die zur Idee erhobene Offenheit des Hauses auch architektonisch zu manifestieren, kam bei den Bauarbeiten das Portal aus den 1920er-Jahren überraschend gut erhalten zum Vorschein. Glücklicherweise konnten die anfallenden Mehrkosten gesprochen werden. Zurzeit wird der Türbogen restauriert und das nicht mehr vorhandene originale Steingewände aus den 1920er-Jahren um das Eingangstor herum durch schlichtes, zeitgemässes Steingewände ersetzt.
Der Umbau ist in den letzten Zügen und die Vorfreude auf die Eröffnung am 2./3. September ist gross. Die Kirchgemeinde St. Peter, in welcher Form auch immer sie weiterbestehen wird, hat mit dem sanierten Lavaterhaus in ein für jedermann offenes und attraktives Haus geschaffen.

Andri Gartmann