Zum Apéro in der «Lucy’s Bar»

Etienne erzählt, dass er in Verona für die Aida-Aufführung die Licht-Regie geführt hat…

Er habe nichts unterlassen, um dies gigantisch zu gestalten. Militärscheinwerfer habe er eingesetzt, die eine Reichweite von bis zu vierzig Kilometern hätten.
Die Geschichte hat sich noch in meiner Amateurtheater-Zeit ereignet. Ich war natürlich fasziniert, erstens wie Etienne das erzählt hat, zweitens: Scheinwerfer, die eine Reichweite von vierzig Kilometern haben… Wie ich dann, natürlich mit einiger Verspätung, zu Hause angekommen bin und begeistert die Geschichte dem Hans Kern erzählte habe, schaut der mich an und fragt mich: «Bist du von allen guten Geistern verlassen? Überlege dir doch einmal, was das heisst, Scheinwerfer mit einer Reichweite von vierzig Kilometern! Das ist doch schlicht unmöglich!» Ich bin also auf die fantastische Erzählweise von Etienne voll hereingefallen.
Wieder Tatort «Lucy’s Bar». Eine schöne Runde ist um Etienne versammelt. Er beginnt zu erzählen, dass er an der Predigergasse eine Schlosserei habe. Er beschreibt «seine» Kreissäge, seine Drehbank, seine Fräsmaschine und seine Ringbiegemaschine (übrigens die grösste, die auf dem Markt sei). Er erzählt, dass er an einer tollen Arbeit sei, er fertige eine Möwe
an – ein Riesenvieh, das dann am Bellevue aufgestellt werde. Alle lauschen gespannt, bis einer die Frage stellt: «Sag, Etienne, ist das wirklich deine Schlosserei? Ich glaube doch, die gehört dem Hans Gautschi.» Riesengelächter.
Noch eine Geschichte in eigener Sache. Etienne bewunderte stets meine Fesseln und sagte immer, die seien die schönsten, die er je gesehen
habe. – Und da hat er nicht gelogen.

Lisbeth Rüegg