Kein süsses Nichtstun

Die Confiserie Schurter am Central wurde per 1. Juli vom ZFV (Zürcher Frauenverein) übernommen.

Die Inhaberin, Rosmarie Michel, die lange Jahre Präsidentin des ZFV gewesen ist, erläutert nachfolgend die Gründe, die sie veranlasst haben, das blühende Geschäft weiterzugeben.
Rosmarie Michel wurde im Haus der Confiserie Schurter, das 1869 von ihrem Urgrossvater erworben wurde, geboren, hat hier gelebt und gearbeitet und wird weiterhin hier wohnen. Auch das Haus bleibt in ihrem Besitz.
Weiter besitzt die Confiserie alte Zürcher Rezepte für süsse oder salzige Köstlichkeiten, also echte Eigenmarken wie die Zürcher Läckerli, die Offleten, Zürcher Hüppen und auch die Geduldszältli und die Honigtirggel. Die Produkte sind sozusagen patentiert und die Rezepte liegen im Tresor hinter dem Arbeitstisch von Rosmarie Michel. All dies hat dazu beigetragen, die Nachfolge umsichtig anzugehen. Interessenten waren da, aber befriedigten nicht im Sinne von Rosmarie Michel; die Nachkommen, Nichten und Neffen, waren anderweitig beschäftigt, und so kam eines Tages der Vorschlag von Regula Pfister, der heutigen Präsidentin des ZFV, nicht so ungelegen, die Confiserie in den ZFV einzugliedern, wobei die Confiserie, also der Laden und die Produktion, eindeutig im Vordergrund standen. Der ZFV garantiert somit eine, wie man früher gesagt hätte, pflegliche Weiterführung des Betriebes in qualitativer und personeller Hinsicht.
Rosmarie Michel, Absolventin der Hotelfachschule, ständig besuchender Ehrengast der Universität Zürich, Stiftungsrätin in verschiedenen Gremien, Bankfachfrau im internationalen Geschäft, Mitbegründerin der Women’s World Banking, die 1975 von Bankerinnen in New York gegründet wurde. WWB hat Instrumente entwickelt, die den Bedürfnissen von Kunden, speziell Kundinnen, in Entwicklungsländern entsprechen, zum Beispiel Kleinstkredite, Kurse und Unterstützung im Marketing. Mit grossen Organisationen wurden gemeinsame Netzwerke gebildet. Im September 2005 hatte WWB weltweit 18 Millionen Kunden, allein in Afrika fast 6 Millionen, zumeist Frauen. Rosmarie Michel dazu: «Wir können aus unseren Statistiken ablesen, dass Frauen die zuverlässigeren Geschäftspartner sind, termingerechter ihre Kredite zurückzahlen, dass sie ihre Investitionen sozial wirksamer tätigen und stärker an ihre Kultur und an ihren Standort gebunden sind.» – Und dass sie auch etwas vom Bauen versteht, hat sie als Mitglied der Denkmalpflege und 1984 mit dem gelungenen Umbau des eigenen Hauses bewiesen. – Also kein süsses Nichtstun in der kommenden Zeit,
aber etwas mehr Zeit für die jüngere Verwandtschaft, die nach eigenen Aussagen nicht nur wegen der Süssigkeiten kommt, sondern ab und zu bei ihr Rat holt. – Wo es in den ZFV-Betrieben künftig überall Offleten oder Tirggel gibt, wird sich weisen.

Peter Keck