Mit Chic, Charme und Culture

Wie Phönix aus der Asche erstrahlt das «Quaglinos» hinter dem Opernhaus in neuem Glanz. Küche und Interieur sind ein Gesamtkunstwerk «à la française».

Frau Lier: Dass Sie es wagen, als honorabler Kulinarier des Altstadt Kuriers den Kreis 1 zu überschreiten und gustatorisch fremd zu gehen, erstaunt mich doch sehr, Herr Keck.
Herr Keck: Es ist so, Frau Lier: Das Redaktionsstatut schreibt zwar vor, dass Leute aus dem Kreis 1 über den Kreis 1 schreiben. Nun ist es aber so, dass nicht nur die Kühe manchmal über den Hag fressen, sondern auch die Kulinarier. Einerseits weil das Restaurant «Quaglinos» im Zürcher Seefeld nur 50 Schritte hinter dem Opernhaus liegt und andererseits ist es ein neues Lokal, das, wie wir jetzt wissen, mit einer hervorragenden Küche lockt.

Stilvolles Bistro
Auch das auserlesene Interieur strahlt in vollem Glanz. Ein stilvolles Bistro wie aus dem Bilderbuch.
Sie sagen es. Der Umbau hat sich gelohnt. Die Bar ist wunderschön und gepflegt, die Möblierung des Restaurants mit den Tischen ist grosszügig und angenehm. Die Blumen auf den Tischen und Simsen sind frisch und geschmackvoll arrangiert. Und die Servietten sind gross und nützlich.
Wie auf Sie zugeschnitten, Herr Keck. Beim Aperitif können wir ja die Karte studieren. Hübsch das Brotbrett mit Messer, Baguette und Butter in der Mitte des Tisches. – Sehr zum Wohl.
Danke. Ich bin sehr zufrieden mit dem Weissen, den uns Frau Marcus, die Gastgeberin, empfohlen hat, nämlich einen Cabernet Sauvignon, Tourraine, AC 2008 (1 dl Fr. 8.–).
Die Karte ist verlockend und gut gegliedert. Dass es auch kleine Portionen gibt, kommt mir sehr entgegen. So kann ich meinem Magen ungeniert zwei Auberginenröllchen mit Ziegenfrischkäse und konfierten Tomaten (Fr. 9.–) zumuten und anschliessend die mittlere Portion des Beefsteak Tartar (50 g Fr. 16.–).
Ich muss gar nicht lange studieren: zuerst die Fischsuppe (Fr. 18.–) und dann den Salade Niçoise mit mariniertem Thunfisch (kleine Portion Fr. 21.–). Als Rotwein schlage ich den Côte de Ventoux vor (1 dl Fr. 8.50).
Sie sitzen so gekrümmt wie ein Gipfeli im Stuhl, Herr Keck.
Ich rutsche nach vorne. Mit etwas Gegengewicht geht es aber bestens. Finden Sie das Besteck nicht auch etwas schwer?
Endlich kann ich Sie auch einmal belehren. Sie müssen nämlich wissen, dass es sich hier um das berühmte Sant’ Andrea Design handelt. Die Kollektion zeichnet sich durch 18/10 Chrom-Nickel Stahl aus und das fühlbare Logo auf der Oberseite. Sie können es ja gleich ausprobieren.

Ein Genuss
Löffel hin oder her: Ich geniesse jetzt die Fischsuppe. Und das in vollen Zügen. Sie ist ausgesprochen schmackhaft und reichhaltig, die ganze Fischpalette kommt ohne langes Suchen zum Vorschein und die Sauce Aioli mit den gerösteten Baguettescheiben lässt nichts zu wünschen übrig.
Auch meine Auberginenröllchen sind ein Gedicht. Der Ziegenkäse ist nicht
zu dominant und die Ruccolablätter sorgen für etwas Biss.
Ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass es sich bei dem Grünzeug um Portulak handelt.
Nun denn. Ich wende mich jetzt meinem Tartar (scharf) zu.
Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass diesmal Ruccolablätter auf Ihrem Teller liegen.
Danke für den Fingerzeig. Hauptsache es schmeckt. Und das tut es vorzüglich. Die Schärfe ist wohldosiert, die Konsistenz kompakt und die Portion gut und gerne zu verkraften.
Und erst mein «Salade Niçoise» mit mariniertem Thon. Eine köstliche mediterrane Zusammenstellung, nichts fehlt, die Bohnen, die Eier, alles ist da, und der Thon vergeht auf der Zunge. Hingegen empfinde ich den Ton der Hintergrundmusik etwas laut, aber das ist Geschmackssache. – Danke für die Kostprobe von Ihrem Tartar. Da kann ich nur sagen: ausgezeichnet. Übrigens gibt es täglich drei Menüs, davon eines vegetarisch (Fr. 24.– bis Fr. 30.–).
Und dann erst noch ein spezielles Menü für Operngäste.
Man kann es vor oder nach der Oper geniessen. Beim Ballett eher vorher, bei Falstaff eher nachher. Man kann aber auch immer «A la Carte» essen.
Was Sie nicht immer alles wissen.
Wissen Sie, Frau Lier, ich durfte schon bei der Eröffnung vor 14 Jahren dabei sein. So kenne ich das Lokal noch von früher. Kein Vergleich zu heute. Beim Konzept war Dominique Marcus, die Geschäftsführerin, tonangebend. Sie ist eine Quereinsteigerin und kam übers Catering und Caduffs Wineloft zur Kramer Gastronomie. Ihre Kreativität ist ebenso spürbar wie der Teamgeist in der Küche mit Chef Ludovic Pitrel sowie im Service.
Da kann ich verstehen, dass sie sagt, das renovierte «Quaglinos» sei «ihr Kind».

Edith Lier*

Restaurant «Quaglinos», Dufourstrasse 4, 8008 Zürich, Tel. 043 456 86 76. Offen Montag bis Mittwoch 6.30 bis 24 Uhr, Donnerstag bis 1 Uhr, Freitag bis 2 Uhr, Samstag 8 bis 2 Uhr, Sonntag 8 bis 23 Uhr.

*Edith Lier und Peter Keck essen und trinken zusammen, weil es geselliger ist. Mal schreibt Frau Lier, dann wieder Herr Keck.