Gartenschau an der Winkelwiese

Die letzte Gartenschau mit dem Altstadthaus führte an die Winkelwiese 10. Hier steht die als Villa Landolt oder Villa Winkelwiese bekannte Liegenschaft mit stattlichem Garten.

Magi Wechsler schildert lebhaft die Geschichte der Villa Winkelwiese. 1931 liess der Banquier Ernst Gross die 1842 gebauten Häuser abreissen (wobei das Gärtnerhaus im hinteren Park stehen blieb) und die heutige Villa mit vielen exklusiven Extras auf dem Moränenhügel neben dem ehemaligen Geissenturm erstellen. Nach seinem Tod blieb die unverheiratete Tochter und Freundin von Maria Landolt, Fräulein Dr. Vera Gross, im Haus. Später zog sie sich in den obersten Stock zurück und die Familie von Stapi Landolt durfte unten einziehen. 1974 übernahm die Stadt das Haus, Herr und Frau Landolt konnten hier wohnen bleiben. Beide wurden hundert Jahre alt. Vielleicht hat das mit dem angeblich magischen Ort zu tun: auf der «Geisswiese» stehen noch heute Eiben im Kreis, wo Hexen ihren Treffpunkt gehabt haben sollen…
Jonas Thiel führt die fast vierzig Gäste über die von hohen Bäumen umgebene Wiese vorbei an einem kleinen alten Eisentisch mit überbordenden Stiefmütterchen zum alten Gärtnerhaus mit Dachterrasse, welches er mit seiner Frau und Hund bewohnt. Eine Zimtrose duftet und leuchtet vor den blauen Fensterläden. Der überdachte Sitzplatz wird von einer Akebie und einer Glyzinie eingerahmt. Zwei Feigenbäume, eine Reineclaude und der Chriesibaum in der Wiese versüssen das Leben. Bis in den hintersten Winkel ist die Leidenschaft zum Garten spürbar. Unendlich viele Details gibt es in diesem verwunschenen Garten zu entdecken: einen Gipskopf im Topf, ein alter Schlauchwagen und unzählige kleine Trouvaillen mit Patina scheinen mit den Pflanzen zu einem unendlichen Märchen verwoben zu sein, die Handschrift von Moni Thiel. Zwischen Linde, Ulme und Eiben, Buche, Tanne und Birke öffnet sich der Blick auf die Stadt hinunter. Im Norden erheben sich die Türme des Grossmünsters zwischen dem grünen Laub. Unter den Bäumen ziert ein alter Tisch mit Kapuzinerkresse, Geranium und Gewürzen, als stünde alles schon hundert Jahre hier.
So wie damals Emil Landolt fremde Leute von der Strasse auf ein Glas Wein einlud und sie auf der kleinen Dachterrasse überwältigt die Aussicht geniessen liess, verwöhnt uns heute Jonas Thiel mit einem Apéro und spannenden Geschichten aus seinem reichen und arbeitsintensiven (Garten-)Leben.

Christina Zehntner