Handschuhtradition bleibt

Das 1870 von Emil Böhny gegründete Fachgeschäft für Handschuhe, Accessoires und Chemiserie stellt seinen Betrieb per Ende Jahr ein. Dennoch geht es weiter.

Die Inhaberin Margarethe Graf hat sich zur Schiessung entschlossen, weil der Mietvertrag ausläuft und weil sie altershalber nicht nochmals einen langjährigen Vertrag eingehen wollte. Vielmehr war es ihr ein Anliegen, den schmucken Laden in neue Hände zu übergeben. Das ist ihr gelungen: Mit der Münchner Firma Roeckl übernimmt ein ebenfalls auf Handschuhe spezialisiertes Unternehmen den Laden an der Augustinerstrasse 22. Die Firma Roeckl, die eine eigene Handschuhproduktion hat und mehrere Filialen führt, ist sogar noch etwas älter als Böhny: Sie existiert seit 1839 und ist noch immer in Familienbesitz. – Margarethe Graf ist glücklich, dass das Traditionsgeschäft an der Augustinergasse weitergeführt wird.
Zunächst steht jedoch ein Lagerverkauf an, bis Ende Jahr. Dann bleibt das Geschäft im Januar für einen Umbau geschlossen und wird im Februar wiedereröffnet. Das schmiedeiserne Schild mit dem goldenen Handschuh bleibt übrigens hängen.

Bewegte Firmengeschichte
Emil Böhny zog von Amden aus zunächst mit Lammfellen umher und hat Handschuhe angefertigt, bis er sich 1870 in Zürich niederliess und mit seiner Frau sein Geschäft eröffnete. Sie war vorn im Laden, er produzierte im hinteren Teil die Handschuhe, aus feinem Leder junger Ziegen. Zuerst war er an der Peterhofsatt, dann im Haus zum Schwert am Weinplatz, zog dann an die Bahnfhofstrasse, hatte eigene Fabriken, im Seefeld wurde bis 1970 produziert, bis zum Zweiten Weltkrieg führte er mehrere Filialen in Genf und Lausanne, zudem in St. Gallen. Sein Sohn Emil verkaufte 1956 das Unternehmen, aus dem die Böhny-Handschuhe AG wurde. Von 1956 bis 2000 war das Geschäft an der Poststrasse, von wo es infolge Vertragskündigung an die Augustinergasse zog. Margarethe Graf ist seit Jahrzehnten im Geschäft, das sie 1991 übernommen hat.

Privatissimo
Daneben führt sie am Kreuzplatz das Fachgeschäft Wellis für Masshemden und Accessoires, mit Atelier, in dem aus Schweizer Stoffen feine Masshemden angefertigt werden. Dort wird ein reduziertes Angebot von Böhny weiterhin erhältlich sein.
Und eine weitere Leidenschaft will sie auch künftig pflegen. Für ihre Kundschaft nämlich führt sie seit zwanzig Jahren unter dem Titel Privatissimo mehrere Veranstaltungen im Jahr durch. Dies kann eine musikalische Darbietung, ein Ausstellungsbesuch, eine Reise, eine Führung durch einen Betrieb oder eine private Sammlung sein… Eben: Privatissimo.
So wird es der quirligen Frau niemals langweilig, auch wenn sie den Böhny nicht auch noch weiterführt. Dass die Handschuhtradition an der Augustinergasse weiterbesteht, das ist für sie – und wohl auch für die Kundschaft – eine grosse Freude.

Elmar Melliger