Geheimtipp am Mittag

Auch so Bekanntes und Vertrautes wie unser Dörfli birgt noch viele Trouvaillen. Eine davon ist der «Geheimtipp am Mittag», der uns im Kulturhaus Helferei regelmässig über Mittag seine musikalischen Schätze zeigt.

Raus aus dem Büro, ab in die Helferei, die Treppe hinunter zur Kapelle und uff! – geschafft. Endlich wieder einmal zurücklehnen, eintauchen in die Welt der Musik und für ein, zwei Stunden die Seele baumeln lassen: Seit der Gründung 1987 sind gar manche Dorfgänger dem Verein Geheimtipp am Mittag dankbar dafür. Es werden immer mehr, die sich jeden Monat, vom September bis in den Juni, den letzten Donnerstagmittag freihalten. Und mit Bedauern den Dezember überspringen müssen.

Bühne frei für beste Kammermusik
Während dieser Mittagspause spielen professionelle Musiker auf, um Berufstätigen, Vereinsmitgliedern, Musikstudenten und Passanten den Alltag zu versüssen. Gestaltet werden die Konzertreihen seit drei Jahren vom künstlerischen Leiter Bernhard Hunziker. Der gewiefte Organisator ist hauptberuflich Konzert-, Opern- und Liedsänger, leitet das Bach-Collegium Zürich und doziert an der Hochschule für Theater und Musik. Für den Geheimtipp am Mittag gibt ihm der Verein freie Hand. Bernhard Hunziker sorgt für anregende Abwechslung im Programm. Das musikalische Spektrum ist breit, manchmal musizieren junge Talente, manchmal arrivierte Künstler, und die Ensembles sind unterschiedlich gross. Gemeinsam ist allen Konzerten, dass die Kammermusik im Mittelpunkt steht und sich nach dem jeweiligen Leitthema richtet. «Klassik goes… – in Original und Adaption» lautet es in dieser Saison und will die klassische Epoche in einem anderen kulturellen Kontext spiegeln. Im November zum Beispiel nähert sich mit den Darbietungen des «Trio Animae» der Belcanto dem Tango an, und im Januar verbindet David Orlowsky traditionellen Klezmer mit Mozart. Im Februar heisst es «Bühne frei!» für die Rahn-Preisträgerinnen Anna Reszniak und Iryna Krasnovska. Sie spielen zwei A-Dur-Sonaten – die eine aus der Feder Beethovens, die andere wiederum von Mozart, dessen Geburtstag sich zum 250. Mal jährt.
Für die letzte Saison hat Bernhard Hunziker vermehrt etablierte Künstler für den Geheimtipp am Mittag engagiert. Die Vereinsstatuten sehen eigentlich vor, junge, unbekannte Künstler zu fördern. Zum Erstaunen von Bernhard Hunziker sind offenbar nur wenige von ihnen daran interessiert, die Plattform zu nutzen, die sich ihnen bietet – während ihm die Arrivierten die Türe einrennen. Mit dem Entscheid, die Lunchkonzerte den renommierten Musikern zu öffnen, musste die Finanzierung der Gagen sichergestellt werden. Der Verein Geheimtipp am Mittag konnte zusätzlich zum Präsidialamt der Stadt Zürich weitere Donatoren gewinnen.

Das Grossmünster setzt Trends
Von Anfang an konnte der Verein auf die Kirchgemeinde Grossmünster zählen: Sie stellt die ehemalige Kapelle kostenlos zur Verfügung und beteiligt sich an der Werbung. Hans Stickelberger, damals Pfarrer am Grossmünster, hatte den Geheimtipp am Mittag mit ins Leben gerufen. Die Gründer wussten noch nicht, was für einen Trend sie setzen würden: 1987 gab es noch keine Lunchkonzerte auf dem Platz Zürich, heute sind es unzählige.

Die Lunchkonzerte des Geheimtipps am Mittag finden ausser im Dezember von September bis Juni jeweils am letzten Donnerstag im Monat, von 12.15 bis 13 Uhr, im Kulturhaus Helferei statt und kosten Fr. 20.–, für StudentInnen mit Legi Fr. 10.–. Gegen einen kleinen Beitrag kann man sich vor oder nach dem Konzert mit Suppe und Brot verköstigen. Weitere Informationen bei Bernhard Hunziker (Tel. 044 252 58 02 oder per Mail: bernhard.hunziker@doz.hmt.edu).


Nadia Ghidoli