Ins Licht gezeichnet

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Doppelt rätselhaft kommt die Ankündigung der neuen Ausstellung der Zentralbibliothek daher: Was ist mit dem Titel «Ins Licht gezeichnet» wohl gemeint? Und um was handelt es sich bei den im Untertitel genannten «Scheibenrissen»? Es war beruhigend, an der Ausstellungseröffnung zu vernehmen, dass selbst ausgewiesenen Kunsthistorikern dieser Fachausdruck nicht unbedingt geläufig ist. Grund genug, sich mit dieser ausgefallenen Kunstgattung vertraut zu machen. Und dafür bietet jetzt die Schau in der Schatzkammer des Predigerchors mit repräsentativen Objekten aus den Graphischen Sammlungen der ZB, der ETH Zürich, des Zürcher Kunsthauses und des Schweizerischen Nationalmuseums das reichhaltigste Anschauungsmaterial. – Als Scheibenriss werden die im 16. und 17. Jahrhundert entstandenen Vorlagen bezeichnet für die damals beliebten und weit verbreiteten Glasscheiben in privaten Räumen und öffentlichen Gebäuden, Ratssälen, Zunftstuben, Schützenhäusern oder klösterlichen Kreuzgängen.
Von namhaften Künstlern vor allem in den Städten Zürich, Basel, Bern, Freiburg und Schaffhausen geschaffen, enthalten die kleinformatigen Federzeichnungen eine Fülle verschiedenster ikonographischer Themen, Szenen aus der Bibel und der antiken Mythologie, Allegorien der Tugenden und Laster oder detailreiche Darstellungen des zeitgenössischen Alltags und Berufslebens. Die Entwürfe und die nach ihnen gestalteten Wappenscheiben bilden zudem eine erstrangige Quelle für die Heraldik jener Epoche. – Übersichtlich in einzelne Kapitel gegliedert, erläutert die Ausstellung Entstehung, Verwendung und kulturhistorische Bedeutung dieser wenig beachteten Kunstwerke.
Weiterführende Informationen werden den Besucherinnen und Besuchern anhand einer multimedialen mobilen App und einem reich bebilderten Katalog geboten, dessen Texte die künstlerische Qualität und die kulturelle Vielfalt der Zeichnungen würdigen.

Matthias Senn


«Ins Licht gezeichnet. Scheibenrisse von Amman bis Füssli», Ausstellung in der Schatzkammer der Zentralbibliothek Zürich, bis 2. Juli 2022, Montag bis Freitag 13 bis 17 Uhr, Samstag 13 bis 16 Uhr.
Zum Rahmenprogramm mit Führungen, Vorträgen und Exkursionen siehe www.zb.uzh.ch; Katalog, 240 Seiten, reich illustriert.