Es wird schon schiefgehen

Ihre Regula liebt den Hechtplatz. Er ist, er war ein Stück Alt-Zürich. Wer erinnert sich noch ans Restaurant «Eckstein», Schifflände 10? Die Wirtin führte ihre Katze, angeleint, auf dem Hechtplatz spazieren. Zu Hause war sie freiläufig (die Katze!).
Was wäre der Hechtplatz ohne sein 1959 eröffnetes Theater, das vor langer Zeit ein Feuerwehr-Depot gewesen war. Ohne Walter Hüppi, Gentner Weine. Und ohne die Krons plus Flummy, das Hündchen, mit ihrer Souvenir-Alp und ihrem immer wieder willkommenen Batterie-Service für alle erdenklichen Uhren. Die 1962 gegründete «Bellevue Photo Optik» am Limmatquai 6 war früher das Reich von Max Paul gewesen und bis vor zwei Jahren von seinem Sohn Bruno, den im Quartier alle kannten, auch die Bewohner der Herberge zur Heimat.
Dass das denkmalgeschützte Theater saniert werden soll, ist okay. Nicht aber, dass die beiden Traditionsgeschäfte deswegen verschwinden sollen. Sie wehren sich, mit Unterstützung des Quartiers, der Politik und mit Erfolg. Die von der Stadt verfügten Kündigungen sind vorerst bis 2025 erstreckt. Und das Hochbauamt muss neu planen.
Verabschiedet hat sich mittlerweile Dominik Flaschka, der 51-jährige Schauspieler, Autor und Theaterleiter. Er führte das 260-plätzige Hechtplatz-Theater 20 Jahre lang mit grossem und auch volkstümlichem Erfolg. Regula erinnert sich, wie der einmalige Zürcher Kulturbeamte Nicolas Bärlocher (1939-2021) in der «Weissen Rose» mit den Tageseinnahmen in einer Schuhschachtel aufkreuzte, um sie später im Stadthaus in Sicherheit zu bringen. Bärlocher und Flaschka verdanken wir das Buch «Jetzt erst Hecht» (Verlag Libro). Ein toller Erfolg des Theaters war «The show must go wrong», was mit «Es wird schon schiefgehen» einigermassen angemessen übersetzt ist.
Hoffen wir, dass bei der Erneuerung des Hechtplatz-Theaters nichts schief geht! Ein so kleines Haus ist für das (Klein-)Kulturleben zwar unentbehrlich, aber schwerlich rentabel zu führen. Die reiche Stadt Zürich hat sich, indem sie es gegründet hat, eine schöne und schwierige Aufgabe gestellt.
Wenn sie sich jetzt aber in den Einzelheiten der (selbst geschaffenen) Baubürokratie verfängt und zwei sympathische, nützliche Gewerbebetriebe verdrängt, dann wird die ganze Landschaft ums Bellevue ärmer werden.

Regula

 

PS 1: Im Briefkasten liegt das «Wohnungsangebot» des Jahres: beste zentrale Lage, ab Fr. 315.– pro Monat, 20 Tage Strom inbegriffen. Für ein Bett sollte es reichen.
PS 2: «Mis Dach isch de Himmel vo Züri und s’Bellevue de Ort, wo ich pfuus. Und Züri, ganz Züri mis Huus.»
PS 3: Die alternative Wohnidee (PS 1) ist gleich am anderen Ufer: ein Parkplatz im Kongress-Parking.