Kulinarisch turicensisch

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Das Schönste im «Lux» im umgebauten Kongresshaus ist natürlich der Zürichsee! Der liegt direkt vor dem Haus oder besser: vor der tollen Terrasse, deren Balustrade gerade so hoch ist, dass man den General-Guisan-Quai mit seinen ewigen Autoschlangen glatt übersieht. Im «Lux» kann man natürlich auch essen und trinken.

Kulturell Aktive wissen, dass man im «Lux» leicht anbrennt, weil ausverkauft. Denn das Restaurant gehört zur Tonhalle, deren Besucher sich gern gediegen vor Ort verpflegen. Es gibt sogar spezielle Konzertmenus. Darum unbedingt rechtzeitig reservieren.
Die «neue» Tonhalle wurde 1895 eingeweiht; sie ersetzte die alte Tonhalle auf dem Sechseläutenplatz. An deren Stelle erbauten die Wiener Architekturunternehmer Ferdinand Fellner und Hermann Gottlieb Helmer 1890/91 im Stil des Historizismus das längst denkmalgeschützte Stadttheater (heute Opernhaus).
Zeitsprung über zwei Generationen: Pünktlich zur Landi 1939 errichteten die Architekten Max Ernst Haefeli, Werner Max Moser und Rudolf Steiger das heute ebenfalls denkmalgeschützte Kongresshaus. Den neuen, hoch komplexen Umbau hat die Architektengemeinschaft Boesch Diener unter der Leitung der Jaeger Baumanagement AG gestaltet.

Zürcher Spezialitäten
Am 15. September 2021 fand in der renovierten Tonhalle mit Paavo Järvi, dem Chefdirigenten, das Eröffnungskonzert des Tonhalle-Orchesters statt, das während der Umbauzeit vom Herbst 2017 bis im Sommer 2021 in der Tonhalle Maag im Kreis 5 ein vielbeachtetes Gastrecht genossen hatte.
Das «Lux» im ersten Stock (es gibt einen Lift von der Claridenstrasse her) mit Terrasse und Bar ist eine tolle Konkurrenz zur «Kronenhalle» beim Bellevue.
Wohlgelittene, blutjunge Restaurantleiterin ist Deborah Stephan. Den lichtstrategisch perfekt inszenierten Raum haben die Zürcher Innenarchitektinnen Jasmin Grego und Stephanie Kühnle (www.grego.ch) gestaltet, dies einschliesslich der von Alexander Calder inspirierten Lampen: Glitzerwerk in angenehmen Pastellfarben. Man spürt einen angenehmen Respekt vor dem Hergebrachten und den Anspruch auf Gediegenheit, der diesen lichterfüllten Raum einmalig angenehm macht. Vorn das Restaurant, seitlich die raffiniert zum See hin angeordneten, teilweise gepolsterten Bar-Sessel: Es hat etwas kosten dürfen, aber es ist nicht im entferntesten auftrumpfend. Es ist Innenarchitektur, wie sie sein soll!
Küchenchef Gerhard Rentz mit seinen Leuten sorgt für köstliche, nachhaltige Verpflegung. Ein spezielles Highlight sind die Hommages (Liebeserklärungen) an Zürich. Die Seefeld-Suppe? Miso-Essenz mit sautiertem Bio-Tofu (Fr. 23.–). Das Tatar «Chreis Cheib» ist aus Kalbfleisch, mit Wildkräutersalat, zweierlei Eigelb und Belper Knolle (Fr. 49.–/33.–). Das Kalbsgeschnetzelte mit Rösti und Pilzrahmsauce hats zum «Dörfli»-Klassiker geschafft (Fr. 59.–)! Empfehlenswert sind der Steinpilzraviolo mit Nussbutter, Schwarzwurzeln und Bergkäsespuma (Fr. 33.–) sowie der Gotthard-Zander mit Schaumwein-Rahmkraut und Randen-Kartoffelstock (Fr. 56.–).

Tolle Bar
Wir wollen es eigentlich gar nicht weitersagen. Aber die Bar ist toll. An einem gewöhnlichen Montagnachmittag sitzen wir – ohne Reservation – in dem pastelligen Ambiente, können sogar noch einen Blick auf den See erhaschen. Total relaxed ist es hier, man kann sich entspannen. Oder arbeiten. Oder anbandeln. Oder diskret konferieren, ohne dass einem die halbe Stadt zuschaut.
Ab 14 Uhr gibt es eine perfekte kleine Speise- und eine grössere, anspruchsvolle  Getränkekarte. Wir degustierten viererlei asiatische Teigtaschen (Fr. 18.–) und eine Baguette mit Rindsfiletstreifen und Chimichurri (Fr. 34.-). Wir entschieden uns für Weine von hier: Der Räuschling vom Lattenberg und der Pinot Noir Solo (zum vergleichsweise freundlichen Preis von Fr. 9.50 pro Deziliter) passten perfekt.
Aber was, bitte, ist Sriracha? Die freundliche Kellnerin erwies sich als kundig. Es handelt sich um eine scharfe Sauce aus Chilipfeffer-Paste, destilliertem Essig, Knoblauch, Zucker und Salz. Schon wieder etwas gelernt!
Die Servicefachangestellten im «Lux» sind super: kompetent, total freundlich und hilfsbereit. Für die Preise können sie nichts; aber man muss ehrlich sein: Gemessen an dem, was an anderen, weniger attraktiven Orten geboten und verlangt wird, sind sie noch anständig.
Und für diese Atmosphäre, diese Aussicht, diese Klasse lohnt es sich sogar, zu sparen!

Esther Scheidegger


Restaurant «Lux», Claridenstrasse 3, www.lux-zurich.ch, Tel. 044 206 36 40.