Geschäftliche Beziehung

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Unser Gastschreiber Alfred Haller hat fast sein ganzes Berufsleben im Kreis 1 gearbeitet. Er war in verschiedenen Positionen in der Stadtverwaltung tätig.

Meine Beziehung mit der Altstadt, mit dem Kreis 1, begann im Jahr 1971, als ich nach einer kaufmännischen Lehre und Abstechern in die Privatwirtschaft, Elektrofirma und danach Pneuhandel, in die Stadtverwaltung eintrat.
Und dann liess mich der Kreis 1 nicht mehr los. Start war im Kreisbüro 1 der damaligen Einwohner- und Fremdenkontrolle. Es befand sich im Haus Metropol, wo auch das Steueramt beheimatet war. Bald war ich am Schalter mit An- und Ummeldungen beschäftigt. Einmal hatte ich das Vergnügen, Max Frisch bedienen zu dürfen. Ebenso war dem Kreisbüro das Zentralstimmregister «angehängt». Damals gab es noch keine Einwegstimmrechtsausweise, volkstümlich Stimmkuverts genannt. Wer nicht am Urnengang teilnahm, musste das nicht benützte Kuvert zurückbringen oder -senden. Was selbstverständlich nicht alle taten. So gab es denn «Einziehende», welche das Vergnügen hatten, die Kuverts in der Freizeit bei den Säumigen abzuholen. Das verursachte Kosten von Fr. 3.–, von denen der Einziehende die Hälfte behalten durfte. Ein mühsames Geschäft, in der Altstadt, oft im 4. Stock, kein Lift, dafür aber vielfach niemand zu Hause…
Danach verbrachte ich rund 30 Jahre in verschiedenen Abteilungen und mit unterschiedlichsten Aufgaben im Stadthaus. Im Laufe der Zeit hatte ich diverse Stadtpräsidenten unter mir, natürlich nicht hierarchisch, aber räumlich. Sie amteten im 2. Stockwerk, ich im 4.
Interessant war die Einführung der EDV, das Erfassen aller Personen im elektronischen Register. Die Ersterfassung dauerte rund neun Monate. Wer mehr erfahren möchte, wie das im Detail vor sich ging, darf mich gerne kontaktieren. Die letzten Jahre vor der Pensionierung leitete ich die Abteilung «Allg. Dienste» in der nunmehr «Bevölkerungsamt» genannten Dienstabteilung. Dies mit den Unterabteilungen Stimmregisterzentrale, Rechnungswesen und IT.
Da das Stadthaus renoviert wurde, arbeitete ich noch drei Jahre im Amtshaus Helvetiaplatz. Das Bevölkerungsamt entstand 1996 durch die Zusammenlegung von Bestattungs- und Friedhofamt, Einwohnerkontrolle und Zivilstandsamt.

Abstimmungen und Wahlen
Ich hatte wie schon erwähnt bald mit den Abstimmungen und Wahlen zu tun, was nicht unbemerkt blieb. Im Jahre 1994 wurde ich als Sekretär ins Wahlbüro 1 gewählt, wo ich mit – damals noch mit Schreibmaschine ausgefüllten – Einladungen der Mitarbeitenden in den Stimmlokalen und bei der Auszählung der Stimmen beauftragt war, nebst vielem anderen, was dazugehört. – Nach der Zusammenlegung einzelner Kreise war ich dann Sekretär des Wahlbüros der Stadtkreise 1 + 2. Bis zum Rücktritt aus diesem Nebenamt im Jahre 2016, also nach 22 Amtsjahren, nahm ich somit an rund 100 Urnengängen teil. Ich freue mich darüber, dass ich nie fehlen musste. Auch hier gibt es lustige Episoden. Eine Dame des «öffentlichen Verkehrs» kam im Hauptbahnhof in das Urnenlokal. Dort drückte sie mir die Leine ihres Hundes in die Hand und sagte: «Wenn du willst, kannst du ihn grad behalten.» Wollte ich aber nicht. Einmal kam sie mit Fieber ins Auszähllokal, gab mir den Stimmrechtsausweis mit den Stimmzetteln und sagte: «Dass du ihn aber ja nicht wegwirfst!» Ein grosser Schreck war, als bei einer Abstimmung mit sehr hoher Beteiligung sich fast alle Sekretärinnen und Sekretäre zeitlich so getäuscht hatten, dass die Stadtkanzlei noch Geld für die Barauszahlung für die Stimmenzählenden organisieren und anliefern musste. – Kurz, ein sehr lehrreiches Amt mit vielen, interessanten Begegnungen.

Kulinarik
Meine geschäftliche Beziehung hatte natürlich auch zur Folge, dass ich zwecks Verpflegung diverse Lokale in der Altstadt besuchte. Naheliegend für «uns Städtischen» waren zum Beispiel der «Weisse Wind» und das «Dézaley», mit dem legendären Pächter Pascal Rulé. Noch heute bin ich hie und da dort zu Gast, und viele der Mitarbeitenden sind noch dabei. Die Bedienung war meist so speditiv, dass mit dem Salat auch gleich die Suppe und sogar die Hauptspeise angeliefert wurde. Das tat der Freude über das gute Essen jedoch keinen Abbruch. Wer Fondue mag: Das Dézaley ist dafür weltweit bekannt! Und seit der Pensionierung kann ich mir anstelle von «Blööterliwasser» auch Alkoholika erlauben. Alle die tollen Restaurants in der Altstadt machen grosse Freude, es ist wirklich für alle etwas Passendes da. Und die Unterhaltung kommt auch nicht zu kurz, es gibt noch ein paar Pianobars mit vorzüglichen Pianistinnen und Pianisten. Schade ist, dass seit vielen Jahren der «Jazz in der Widderbar» nicht mehr existiert. Das waren sehr vergnügliche Sonntagsvormittage, die ich in gleichgesinnter Gesellschaft verbringen durfte.

Feste
Bei den Festen möchte ich das Frühjahrsfest im Schulhaus Hirschengraben erwähnen, das weit über das Quartier hinaus bekannt ist. Wunderbar war auch der Weihnachtsapéro bei Züsi und Fips Henne, dies fand im Rahmen des «Adventskalenders» statt. Und als Insider durfte ich sogar den riesigen Weihnachtsbaum in der Wohnung betrachten, mit geschätzt mehreren hundert Figürchen! Auch am Dörfli- und am Neumarktfest bin ich wenn immer möglich dabei und treffe alte Bekannte, beispielsweise die immer fröhliche Mägi Barmettler, ehemals Vorzimmerdame der Stadtpräsidien. Last not least ist auch das «Zwänzgerle» zu erwähnen, wo Erwachsene versuchen, Zwanzigrappenstücke so zu werfen, dass sie im gekochten Ei steckenbleiben. Schön, die strahlenden Kinderaugen sehen zu dürfen!
Zum Schluss: Nach all den Jahren kann ich sagen, früher waren einige Dinge besser und andere weniger gut, aber per Summe ist es weder besser noch schlechter, nur anders.

Alfred Haller



Unser Gastschreiber
Alfred Haller (1946) ist im Zürcher Friesenberg-Quartier aufgewachsen. Nach der KV-Lehre und zwei Anstellungen trat er 1971 in die Stadtverwaltung ein.
Im Kreisbüro 1 im Stadthaus versah er zunächst Schalterdienst, war dann tätig für das Zentralstimmregister und wirkte zuletzt als Leiter Administration beim Bevölkerungsamt, welches aus dem Zivilstandsamt, dem Bestattungsamt und der Einwohnerkontrolle hervorging. 2008 liess er sich pensionieren.
Mit seiner Frau Margrit wohnt er im Kreis 6, die beiden haben zwei Söhne und zwei Enkel. Über dreissig Jahre hatten sie einen Familiengarten. Er war zwölf Jahre Präsident der Kirchgemeinde Unterstrass. Er spielt Klavier, unter anderem in Altersheimen.

Foto: EM