Tafeln in französischer Ambiance

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Die «Brasserie Lipp» an der Uraniastrasse ist längst zu einem sicheren Wert geworden in der sich rasch verändernden Gastrolandschaft. Zeit, ihr wieder einmal einen Besuch abzustatten.

Im Jahre 1880, das Elsass ist von den Deutschen besetzt, migriert Léonard Lipp – wie so viele seiner Landsleute – nach Paris, wo er sich am Boulevard Saint-Germain 151 niederlässt. Man sagt ihm nach, er sei ein Geniesser. Zwei Dinge kann er besonders gut. Gutes von schlechtem Bier unterscheiden und Sauerkraut kochen. Damit trifft er den Nerv der damaligen Zeit und gründet ein Bistro namens «Brasserie des bords du Rhin». Erst Jahre später, als er sich altershalber zurückzieht, wird daraus über den Umweg «Brasserie des bords» der Name «Brasserie Lipp». Mittlerweile besteht die «Brasserie Lipp» in Paris seit 140 Jahren. Zu ihren Gästen zählen am Mittag Geschäftsleute aus dem Viertel, die in einem ruhigen, seriösen Lokal essen wollen. Von 17 bis 20 Uhr Schriftsteller, Buchhändler, Verleger, Magistraten, Funktionäre, Ärzte und Künstler, die beim Aperitif Gespräche und Erholung suchen. Und am Abend «tout Paris». Ganz ähnlich verhält es sich auch in Zürich.
Die kleine Brasserie in Paris, zwei Zapfhähne und zehn Tischchen, erfreute sich wachsendem Zulauf. Ein grösserer Saal wurde angebaut. Er entspricht heute noch dem damaligen Erscheinungsbild. Die Spiegel darin wurden mit einer leichten Neigung nach vorne montiert, so dass der sitzende Gast bequem darin verfolgen konnte, was in seinem Rücken passiert.

Seit 30 Jahren in Zürich
1990 wagen die zwei Brüder Anton und Hans-Peter Jaeger Grosses und eröffnen an der Uraniastrasse 9 die Zürcher «Brasserie Lipp». Angelehnt an die Vorbilder in Paris und Genf, überwiegt auch hier der unverkennbare Stil der Belle Époque aus den 1920er-Jahren mit Deckenmalereien, Messing ohne Ende und Plättliböden. Am Eröffnungstag werden 3000 Austern bestellt und erscheinen mit dem Satz «La première huître est offerte par le patron» auf der Speisekarte. Ein voller Erfolg. Seit Beginn steht die «Brasserie Lipp» für Delikatessen von der Atlantikküste. 2002 übernimmt das Zürcher Familien- und Traditionsunternehmen Candrian Catering die Brasserie und führt, nach umfangreichen Renovationen, die langjährige Tradition weiter.

Die «cuisine bourgeoise française»
Es wird eine Küche geboten mit traditionellen Gerichten auf der Basis hochwertiger Frischprodukte von Land und Meer. So findet sich, neben allerlei Meeresgetier, auch noch das klassische Sauerkraut als «Choucroute garnie», mit geräuchertem Speck, Pistaziensaucisson und Lipp-Frankfurter (Fr. 37.–) auf der Karte.
Wir starten unseren Abend mit einer feinen «Soupe à l’oignon gratinée» mit viel Gruyère überbacken (zu Fr. 13.–) und einer kleinen Portion «Soupe de poissons façon Lipp», welche in Marseille nicht besser sein könnte, zu ebenfalls Fr. 13.– Den Hauptgang bilden für meine Begleitung ein «Petit pot de moules» mit Pommes frites, der so klein gar nicht war (Fr. 39.–). Ich bekomme ein sehr zartes Entrecôte Black Angus mit sehr feiner Café de Paris (Fr. 55.–). Das neben den Pommes frites dazu gereichte Gemüsebouquet ist allein schon einen Besuch in der Brasserie wert.

Der Eiffelturm
Den Abschluss bildet ein «Café gourmand», ein Espresso, serviert mit einer kleinen, aber sehr feinen Auswahl an Kuchen und Macarons, (Fr. 14.–).
Zu dem sehr gelungenen Abend in perfekter, französischer Atmosphäre fehlte eigentlich nur noch der hell erleuchtete Eiffelturm vor dem Fenster. Zur Not tut es aber auch der Turm der Urania-Sternwarte, respektive die Bar «Jules Verne» hoch über den Dächern. Sie gehört ebenfalls zur Brasserie. Der Zugang ist nur durch das Restaurant möglich, was für allerlei, nicht uninteressanten, Betrieb sorgt. Liebhabern von französischer Küche und Lebensstil sei ein Besuch in der «Brasserie Lipp» unbedingt empfohlen. Den Eiffelturm denken Sie sich einfach dazu.

Alexander Villiger

«Brasserie Lipp», Uraniastrasse 9, 8001 Zürich, Tel. 043 888 66 66, info@brasserie-lipp.ch. Geöffnet Dienstag bis Freitag 12 bis 15 und 18 bis 23 Uhr, Samstag 12 bis 23 Uhr, Sonntag 16.30 bis 22 Uhr.