Zürcher Luxusprobleme

Angestossen hat das Thema kürzlich der Politikwissenschaftler und NZZ-Redaktor Fabian Urech in der NZZ. «In Zürich ist genug Geld da», schrieb er, und da habe ich sofort
an die Geschichte mit dem grünen Salat denken müssen, der in einem vornehmen Lokal an der Limmat zwanzig Franken kostet. Vitello tonnato wurde dort in diesem Sommer mit 44 Franken in Rechnung gestellt.
Dreihundert Meter flussabwärts kehren wir ein in einem der exklusivsten «Restaurants» der Stadt: dem Limmatclub. Er hat ein einfaches und gerade deshalb wunderschönes Clublokal am Ufer, das während vier Wochen im Sommer
für Mitglieder von aufgestellten prominenten Ehemaligen bedient wird, zum Beispiel von Mägi Barmettler, der ehemaligen Assistentin des Stadtpräsidenten. Uns serviert sie das Tagesmenü: Fleischkäse mit Spiegelei zu Fr. 12.50. Was wir sonst noch zu uns nehmen, ist unwichtig: Schliesslich erheben wir uns und bezahlen 75 Franken. Wein und Kaffee inbegriffen, für drei Erwachsene, wohlverstanden. – Es lebe der kleine Unterschied! Wie gesagt: «In Zürich ist genug Geld da!»
Der Abend ist schön, wir spazieren hinauf zum «Storchen», dem eingangs erwähnten Lokal. Wir  haben Lust auf Kaffee. Der Espresso kostet Fr. 5.90, der doppelte Fr. 7.–. Das Tatar schlägt mit 38 Franken zu Buche, mit Pommes frites plus 8.–. Es sei hier ein bisschen wie in Venedig, flötet es auf der Website. Unser sehr netter Kellner, der aus Asien stammt und englisch spricht, hat Mühe mit dem Espresso; wir auch, denn dieser erscheint in einem winzigen Gefäss, das man an weniger vornehmen Orten als Crèmetöpfli verwendet.
Ist Zürich teuer oder nur preiswert? Fabian Urechs brillanter Artikel über das offenbar alltägliche Ausgabenverhalten der öffentlichen Hand nennt als Beispiel ein 150 Meter langes neues Geländer am Binzmühlebach im Norden der Stadt, das infolge Handführung aus Holz und filigranem Drahtnetz 100 000 Franken gekostet hat.
Gespart wird aber auch, in dieser Stadt, bitte sehr: Den tapferen Kleintheatern 62 und Stok, die je 145 000 Franken pro Jahr kosten, will Corinne Mauchs Kulturbürokratie den Stecker ziehen. Und da wäre auch noch das Theater Rigiblick…
Regula rät den Betroffenen, sich schon mal vorsorglich in die Schlange bei der Lebensmittelverteilung an der Europa-Allee anzustellen. Oder sich von einem Asylbewerber beraten zu lassen, der in dieser Stadt, in der Geld ja bekanntlich keine Rolle spielt, mit weniger als zehn Franken für Essen, Trinken, Hygieneartikel und Taschengeld auskommen muss. Das reicht doch elegant für einen doppelten Espresso im «Storchen», bitte mit Trinkgeld. Damit auch unser lächelnder asiatischer Kellner nicht zu kurz kommt.

Regula