Trittligass

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Kurze Zeit machte es ja schon den Anschein, als würde es die Bühne wegfegen, als erste Böen auffrischten, am Premierenabend, 24. August 2023. Auf dem Plätzchen zuoberst an der Trittligasse hat der Kultur-Tausendsassa Christian Jott Jenny, der Gründer des Festivals da Jazz, der «nebenher» noch als Gemeindepräsident von St. Moritz waltet, zusammen mit seinem in der Altstadt beheimateten «Amt für Ideen» zur Neuauflage des Erfolgsstücks «Trittligass» gerufen. Und alle kamen.
Im Publikum waren denn auch etliche bekannte Gesichter auszumachen, aus Kultur, Politik und Medien, wie Viktor Giacobbo und Mike Müller, Patrick Frey, Roger Schawinski, Christoph Blocher, Martin Vollenwyder und viele mehr. Aus Regierungsgremien anwesend waren Regierungsrat Mario Fehr ebenso wie Stadtrat Filippo Leutenegger. Weshalb es Sepp Blatter ins Zürcher Oberdorf verschlagen hat, erfuhr man später im Stück.
Eilig verteilte Pelerinen sollten vor dem aufziehenden Unwetter schützen, wobei es bei einigen grossen Regentropfen blieb, während es anderswo im Land zu Überschwemmungen und Verwüstungen kam. Jott Jenny baute den stürmischen Wind gleich ins Stück ein: «Kann mal jemand den blöden Venti abstellen?!» Ein Stück, das (nach 2017 und 2020) für die dritte Auflage völlig umgeschrieben wurde, mit vermeintlich altbekannten, jedoch – durch den Altstadtbewohner Jeremias Dubno – neu getexteten Liedern versehen und bei aller Nostalgie mit Gags und Witzen zu Aktualität aufwartete. – Walter Andreas Müller, der Verwandlungskünstler, bediente mit seiner Rolle als Heiri, der ein Kalb verkaufte, die nostalgischen Bedürfnisse, während seine Persiflage auf die Fussball-WM in Katar – und den Strippen ziehenden früheren FIFA-Präsidenten Sepp Blatter – in die Nähe von Aktualität rückte. Diverse Seitenhiebe zu Themen wie Verkehr, Baustellenchaos, Cancel Culture, Gendern, Diversität etc. konnte man sich nicht verkneifen.
Der Schlussapplaus für das gelungene Stück war herzlich und wohlverdient. Allein schon der Mut, solch einen Riesenaufwand fern kommerzieller Interessen zu betreiben, ist ein grosses Verdienst. – Und dass die Verantwortlichen zwei Tage davor das halbe Quartier zur Generalprobe einluden, «z’oberscht ade Trittligass, i de Mitti vo de City», verdient einen speziellen Dank.

Elmar Melliger