Jürg Bosshart

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Mit «Wieso?» meldete sich Jürg Bosshart oft am Telefon, wenn ich abwesend war und ihn anrief, um mich nach dem Stand der Dinge in den Gassen zu erkundigen. «Wieso?» könnten wir uns alle fragen, die ihn gerne hatten und die seine Wünsche für einen guten Tag jetzt schmerzlich vermissen.
In der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 2024 ist er (71-jährig) unvermittelt von uns gegangen, nachdem
er sich so sehr auf neue Aussichten gefreut hat: Er hat nicht nur ein GA für Ausflüge gekauft, sondern sich auch noch neue Kleider angeschafft.
Immer hatte er ein offenes Ohr und eine hilfreiche Hand für viele Gassenbewohner. Alle, die bei seinem Gravur-Atelier an der Froschaugasse vorbei gingen, grüssten und wurden herzlich gegrüsst, immer mit einem kurzen Schwatz und seinem ihm eigenen Humor verbunden – selbst «Gassen-Fremde», Kinder und Hunde sowieso!
Nur für zwei Sorten von Mitmenschen hatte er keine Nachsicht: Taxi- oder Velofahrer, die viel zu schnell durch die Brunn- oder Froschaugasse brausten, kriegten hörbar ihr Fett ab und wurden zurechtgewiesen. Aber auch ungeduldige Kunden seiner von ihm mit Stolz und grosser Genauigkeit angefertigten Gravuren, die schon am folgenden Tag die bestellte Ware abholen wollten, wurden klipp und klar aufgeklärt, sinngemäss mit den Worten: «Gutes Handwerk braucht halt seine Zeit!» Apropos: dieses Jahr hätte er sein 35-Jahre-Jubiläum im Atelier feiern können…
Jürg war aber unbestritten der «Chef» der Froschau- und aller angrenzenden Gassen.
Jetzt ist er nicht mehr da, weder in seinem Atelier noch in seiner Wohnung gleich nebenan, zuoberst, wie in einem Adlerhorst. Einfach so, ohne grosse Ankündigung, ohne Abschiedsworte. Diese müssen wir uns alle selber zurechtlegen. Das Blumenmeer und die vielen Trauerkarten am geschlossenen Eingangstor zeugen von der grossen Verbundenheit mit ihm. Und letztendlich bleibt uns die Erinnerung an ihn, an seine menschenfreundliche Art und seine guten Wünsche für den Tag, den Abend, das Wochenende.
Und die leisen Akkordeonklänge, die uns oft an einem Abend nach Geschäftsschluss aus seinem Atelier erfreuten – sie werden nie mehr erklingen.   

Werner Stauffacher