Älteste Publikumsbank von Zürich

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Als der Sparhafen gegründet wurde, gab es in der Schweiz noch nicht einmal einheitliches Geld. Doch so sehr sich die Gesellschaft und der Finanzplatz seit 1850 auch geändert haben: Der Sparhafen ist seinen Prinzipien treu geblieben und damit gut gefahren.

Vor 175 Jahren existierten kaum Banken in Zürich – die Zwinglistadt war noch weit davon entfernt, ein nur schon national bedeutender Finanzplatz zu sein. Vor allem gab es kaum ein Institut, das sich an die breite und weniger vermögende Bevölkerung richtete. Wer sparen wollte, stopfte sein Geld in der Regel in den sprichwörtlichen Sparstrumpf oder in die Matratze. Dort warf es allerdings keine Zinsen ab und dem spontanen Zugriff war es ebenfalls nicht entzogen. Der sozial engagierte Unternehmer und Stadtschulverwalter Johannes Girsberger fand diese Situation stossend. Er entwickelte darum die Idee, zusammen mit Gleichgesinnten eine Sparkasse für die «minderbegüterten» Zürcherinnen und Zürcher aufzubauen, die dort auch kleinste Beiträge einzahlen konnten. Am 17. März 1850 gründete die Gruppe im Zunfthaus zum Weggen den «Verein Sparhafen». Zusatz: «Alters-Ersparniskasse».


Einlagen beim Schuhmacher

Ein Geschäftslokal gab es nicht. Sparhefte konnten in den Geschäften von Freunden von Johannes Girsberger eröffnet werden, etwa bei Weinhändler Horber, Goldschmied Pfister oder Schuhmacher Ernst. Die Einnehmer amteten ehrenamtlich, mussten aber persönlich für die Einlagen geradestehen. Das Interesse am unüblichen Angebot war gross, und der Sparhafen gedieh rasch – kein Wunder, denn er zahlte aufgrund seiner sozialen Zielsetzungen stets etwas höhere Zinsen als wachstumsorientierte Banken. Jahrzehntelang wickelten die Kassiers und Buchhalter die Bankgeschäfte in ihren eigenen Büros oder Privatwohnungen ab. Erst 1898 erhielt der Sparhafen eigene Geschäftsräume, und zwar an der Bahnhofstrasse 94. Zu dieser Zeit war die Zahl der Sparhefte auf über 3000 angewachsen; die lockere Vereinsform passte nicht mehr, worauf sich der Sparhafen als Genossenschaft konstituierte.


Bank und Immobilien 

Die Bank, die in diesem Jahr ihr 175-jähriges Bestehen feiern kann, hat noch sehr viel mit dem Sparhafen dieser ersten Phase gemein; Johannes Girsberger müsste sich jedenfalls nicht die Augen reiben, wenn er sähe, was aus seiner Idee geworden ist. Zwar beträgt die Bilanzsumme der Sparhafen Genossenschaft mittlerweile über 900 Millionen Franken, die Zahl der Mitarbeitenden ist auf über 50 angewachsen, parallel zur Bank ist unter dem Dach der Genossenschaft vor 20 Jahren eine Immobilienfirma entstanden. Die Bank bietet alle Dienstleistungen an, die man von einem modernen Finanzinstitut erwartet. Doch die bei der Gründung hochgehaltenen Werte haben sich nicht verändert. Noch immer ist der Sparhafen eine Bank für alle, vor allem für den Mittelstand, noch immer beschränkt sich sein Tätigkeitsgebiet auf den Grossraum Zürich, noch immer steht für ihn Sicherheit vor Wachstum. 


700 Mitglieder

«Der Sparhafen ist persönlich, solid, unabhängig, lokal, fair, massvoll und kompetent», fasst Verwaltungsratspräsident Hans Egloff zusammen. Dazu passt auch, dass der Sparhafen weiterhin eine Genossenschaft ist. Sie zählt mittlerweile fast 700 Mitglieder, die ein stabiles Unternehmen wollen und nicht nach Gewinnmaximierung streben. 

Dass der Sparhafen eine ausgesprochen zürcherische Zürcher Bank ist, hat er in seiner langen Geschichte durch sein soziales Engagement und seine Sponsoringaktivitäten immer wieder neu bewiesen. Und dass er sich auch in Zeiten der Digitalisierung sehr persönlich ausrichtet, schlägt sich etwa in der individuellen Betreuung der Kundschaft nieder: Man kennt und schätzt einander.


Etwas feiern

Das Jubiläum, das der Sparhafen in diesem Jahr feiern kann, ist für eine Bank absolut ungewöhnlich – aber es würde nicht zur Genossenschaft passen, dies an die allzu grosse Glocke zu hängen. Gefeiert wird vor allem mit den Genossenschafterinnen und Genossenschaftern. «Schliesslich haben sie den Sparhafen in seiner langen Geschichte immer unterstützt», sagt Nicole Barandun, Mitglied des Verwaltungsrats. Pünktlich zum Jubiläum hat der Sparhafen zudem seine Geschäftsräume, die sich seit 1950 an der Fraumünsterstrasse hinter dem Paradeplatz befinden, rundum erneuert. Der Umbau bildet die wichtigsten Eigenschaften der Genossenschaft ab: Die Bank ist nicht protzig, aber geschmackvoll gestaltet, hell und offen – ein Ort, an dem sich Kundinnen und Kunden ebenso wohl fühlen können wie die Mitarbeitenden.


Marius Leutenegger