Familie Meiss
Erinnern Sie sich, wie unser Zürcher Nationaldichter Gottfried Keller zu seinem Vornamen kam? Dessen Vater Johann Rudolf Keller bat seinen Nachbarn Gottfried von Meiss (1791-1851), doch bitte Pate des Söhnchens zu werden. Er erinnerte den «hochgeehrten Junker Obergerichtsschreiber» beiläufig auch an dessen Schülerliebe mit seiner Frau Elisabeth Scheuchzer, also Gottfried Kellers Mutter. Von Meiss war offenbar ein guter Götti.
Zwischen Oberer Kirchgasse, dem Lindengarten und dem Florhof lag einst das Meiss-Quartier, gehörten der Familie etliche Liegenschaften. Die Familie kann auf eine mindestens 800-jährige Vergangenheit zurückblicken und ist noch heute in Zürich ansässig. Sie gelangte im Lauf des Spätmittelalters an die Spitze der Zürcher Gesellschaft und stellte über Jahrhunderte hinweg in der Stadt und in der Zürcher Landschaft Vögte und Landjunker. Seit der Gründung Ende des 14. Jahrhunderts ist die Familie Mitglied der renommierten Gesellschaft der Schildner zum Schneggen wie auch der Gesellschaft zur Constaffel.
Mit dem Umbruch um 1800, der «Helvetischen Revolution», musste sich die Familie Meiss neu erfinden. 1798 dankte die alte Regierung ab. Die Familie Meiss verlor als Teil der städtischen Herrschaft ihre Privilegien, insbesondere die Gerichtsherrschaft – und die damit verbundenen Einkünfte. Ein Spross der Meiss von Teufen wanderte nach Österreich aus, die Nachkommen sind aber wieder in Zürich. Der Wülflinger Zweig betätigte sich unter anderem in der Industrie. Das Meiss-Familiengrab befindet sich auf dem Privatfriedhof Hohe Promenade. Zu Wort kommen im schön gestalteten Buch auch die rührigen Nachkommen, Florian von Meiss und der Familienälteste Reinhard von Meiss.
Esther Scheidegger
«800 Jahre Familie Meiss von Zürich», mehrere Autoren, herausgegeben vom Historiker und Verleger Bruno Meier, Hier und Jetzt, 228 Seiten, 49 Franken.