Die Kraftmaschine
Der Hafenkran erinnere daran, dass Zürich einst auf einem Meeresgrunde lag, erzählen seine Verteidiger. Et alors?
Das ist ein zusammengeklaubter Scherz, der die Blösse des Argumentationsnotstands bedecken soll. Gescheiter wäre, hinzugucken.
Der Kran ist ein betörend schönes Objekt, Punkt. Das ist Grund genug, ihn aufzustellen. Seine riesige Insektenform rechtfertigt sich selbst. Der Kran hat Kraft, er lebt, ist kerngesund, gross und mächtig. Seine vier Beine bohren sich in die Plattform, sein dicker Leib ist unerschütterbar, sein Ausleger greift in den Himmel. Er ist männlich und protzt schamlos mit seiner Potenz. Selbstverständlich passt er nicht an den Limmatquai, er ordnet sich nicht ein, nicht unter. Er hat eine andere Grössenordnung. Er macht Zürich so klein wie es ist. Er behauptet frech: Seht ihr nun, wie putzig Zürich ist, verglichen mit meiner rohen Schönheit und unanständigen Macht.
Diese Kraftmaschine gehört unbedingt in die Stadt. Sie anzusehen, ihre Ausstrahlung zu erleiden, erinnert uns daran, dass das Schicksal Zürichs nicht in Zürich entschieden wird.
Benedikt Loderer