Innen schön und edel

Wenige Tage nach der offiziellen Eröffnung des neuen Obergerichts mit dem Nachmittag der offenen Tür für die Bevölkerung kamen Mitglieder des Quartiervereins Zürich 1 rechts der Limmat sowie die Nachbarschaft zu einer exklusiven Führung.

Sechzig Personen, etliche mehr als sich an der Generalversammlung des Quartiervereins angemeldet hatten, füllten am 12. Juni gerade den grossen Gerichtssaal, der noch halb so viele Publikumsplätze bietet als vor dem grossen Umbau. Dafür sind die technischen Mittel der Übertragung in andere Säle gegeben. Der Obergerichtspräsident Heinrich Andreas Müller persönlich gab einen historischen Abriss des im 13. Jahrhundert als Barfüsserkloster erbauten und immer wieder den gegenwärtigen Bedürfnissen angepassten Gebäudekomplexes. Den wieder geöffneten Kreuzgang konnten die Gäste auf der folgenden Führung ausnahmsweise gleich selbst begehen. Offen ist er nämlich zwar baulich gesehen, aber er ist nicht öffentlich zugänglich. Nach der Reformation erfuhren die Gebäude verschiedene weltliche Nutzungen, vom Obmannamt über die Bundeskanzlei, Sitzungssaal des Grossen Rats bis zum Aktientheater und schliesslich Gericht.
Der Besichtigungsrundgang führte vom Gerichtssaal zum Plenarsaal, der für interne Sitzungen verwendet wird, dann zum Dachgeschoss mit dem präsidialen Büro samt Dachterrasse, in einen der kleineren Gerichtssäle, durch die Wandelhalle, die Bibliothek und schliesslich zur Cafeteria, wo die Gäste den Anlass mit einem schönen Apéro abrunden konnten. Der Präsident hob das Glas und prostete den Anwesenden zu: «Auf eine gute Nachbarschaft!»
«Innen schöner als aussen», waren Gesprächsfetzen zu hören, «edel, elegant und warm, mit dem vielen Nussbaumholz». Und eine Nachbarin meinte: «Jetzt haben wir angestossen. Jetzt hören wir auf, uns über den Neubau aufzuregen. Jetzt ists gut.» Womit wohl zumindest bei dieser Besucherin einer der Zwecke der Führung erfüllt war: nachbarschaftlichen Goodwill zu schaffen.

EM