Zu Besuch bei der Druckerei Hürlimann

An der Ecke Oberdorfstrasse/Trittligasse befindet sich ein beachtlicher Gewerbebetrieb, die Druckerei Robert Hürlimann. Ein Dutzend Besucherinnen und Besucher haben an der Betriebsbesichtigung teilgenommen und waren beeindruckt vom alteingesessenen Familienunternehmen.

Robert Hürlimann, der vor zehn Jahren die Leitung des Familienunternehmens in vierter Generation übernommen hat, begrüsst seine Gäste, die wissen wollen, wie eine Druckerei mitten in der Altstadt funktionieren kann. Der gelernte Polygraf und studierte Druckingenieur erzählt, dass die Druckerei im Jahr 1896 an der Mühlebachstrasse gegründet wurde und seit 1898 in der Liegenschaft der Familie Guyer an der Trittligasse 2 beheimatet ist. Immer wieder wurden die Vor- und Nachteile des Standorts diskutiert und ein Auszug in grössere Räumlichkeiten erwogen, aber die Nähe zu den Kunden und zu den Werbeagenturen im Seefeld waren ausschlaggebend, in der Altstadt zu bleiben. So ist es zum Beispiel möglich, Trauerkarten innerhalb von zwei Stunden nach Manuskriptabgabe zu drucken. Das Kerngeschäft geht von Visitenkarten, Trauerkarten, Briefpapier und Couverts über Geschäftsberichte, Packzettel für Apotheken und Druckboxen für jegliche Art von Werbung. Entweder erfolgt die Ausführung nach Vorlage einer Werbeagentur oder nach den Wünschen der Kunden, die sachkundig beraten werden.
Begleitet von Robert Hürlimann, dem Betriebsleiter Thomas Dietiker und dem Kundenberater Marco Marazzi beginnt der Rundgang. Zuerst erfahren wir, wie die Druckplatte belichtet wird und mittels Laser Bild und Text auf die Aluminiumplatte gebrannt wird. Wenn die Vorlagen parat sind, werden die Aluminiumplatten in die Offsetmaschine gegeben – das «Flagship» der Firma, die 2010 angeschafft wurde und vollautomatisch alles druckt bis zum Höchstformat von 50 mal 70 Zentimeter auf einem Bogen; und das in höchster Genauigkeit und Qualität. Je nach Papierdicke werden 7000 bis 12 000 Druckbogen pro Stunde produziert, schwarz-weiss oder im Vierfarbendruck, wo es dann pro Farbe eine eigene Platte braucht. Auch wenn die Maschine sehr gross wirkt, spart sie enorm Platz, weil früher nur schon die Dunkelkammer für die Belichtung viel Platz beanspruchte.

Schönes «Bhaltis»
Nun gibt uns Thomas Dietiker eine Vorstellung des Digitaldrucks, der relativ neu, aber noch weniger genau ist als der Offsetdruck. Hier passiert alles vollautomatisch. Anlässlich unseres Besuches wird eine Grusskarte in der Grösse einer Visitenkarte hergestellt. Die Vorlage auf dem Bildschirm wird vom Computer auf den Drucker geschickt und nach wenigen Sekunden spuckt der Digitaldrucker das fertige Produkt aus, das wegen der Genauigkeit nicht grösser als im Format A3 sein darf. Auf dieser Maschine, die nicht der Druckerei gehört, sondern mittels Leasingvertrag pro Mausklick einen Betrag kostet, werden vor allem Trauerdrucksachen, Broschüren, Visitenkarten und Vereinsunterlagen gedruckt. Möglich ist auch die Personalisierung von Tischkarten, Einladungen oder Gutscheinen. Hier können die meisten individuellen Wünsche erfüllt werden.
Nun wird unsere Grusskarte «veredelt». Robin Ammann demonstriert das auf einer ca. 50 Jahre alten Buchdruckermaschine. Heute wird das Cliché nicht mehr im Blei gesetzt, sondern auf eine Kunststofffolie und so auf die Grusskarte gebracht. Diese Maschine schafft knapp 2000 Vorgänge pro Stunde. Nun werden unsere Grusskarten auf einer Stanzform aus gehärtetem Stahl mit scharfen Messern ausgestanzt, was ein ziemlich lauter Prozess ist. Fertig ist die Grusskarte des Werkstattbesuchs und wird uns in einem hübschen kartonierten Visitenkartenböxchen überreicht. Ein schönes Geschenk, dessen Produktion wir beiwohnen konnten!

Historische Liegenschaft
Durch verschachtelte Räume und über einige Stockwerke geht es nun zur Falzmaschine, ein wichtiger Teil in der Produktion, speziell für die Herstellung von Medikamentenbeipackzetteln.
Hier wird uns die neueste Anschaffung der Druckerei vorgeführt: die Broschürenstrasse. Die zusammenzuführenden Druckbogen werden in einen Turm gelegt und bis zu einigen Tausend Broschüren werden zusammengeführt und nach Bedarf geheftet. Wir sind beeindruckt.
Im Anschluss an die Besichtigung werden wir im Empfangsbereich zu einem schönen Apéro eingeladen und haben die Möglichkeit, weitere Fragen zu stellen. So erfahren wir, dass die Druckerei Hürlimann in der Zeit von 1930 bis 1985 sämtliche Billette der VBZ druckte. Später wurde das Volumen für die Druckerei zu gross. Wir erhalten eine Broschüre zum Haus zum Sitkunst, wie die Liegenschaft heisst, mit genial gestalteten und gemalten alten Ziegeln von René Fehr, die das Treppenhaus schmücken, und witzigen und treffenden Texten von Esther Scheidegger, die von den Hauseigentümern Susanne und Werner Guyer ermöglicht und herausgegeben wurde.
Und zum Schluss erfahren wir, dass die 16 Angestellten, die sich 13 Vollzeitstellen teilen und sich sichtbar wohl fühlen im Familienunternehmen, jeweils am Freitag vom Seniorchef besucht werden, nachdem er auf dem Markt auf dem Bürkliplatz seine Einkäufe gemacht hat. Wenn Sohn Robert in den Ferien weilt, gibt es Kuchen!

Christine Schmuki