Das Highlight zum Jahresende

Wenn es Dezember wird, wissen Altstadtbewohnerinnen und -bewohner: Jetzt kommt der Höhepunkt, das absolute Highlight des Jahres, der lebendige Adventskalender. Wer daran teilgenommen hat, durfte sich freuen.

Von Nur schon der Auftakt mit dem Chor aus fast achtzig Schülerinnen und Schülern sowie Kindergartenkindern in der Aula des Schulhauses Hirschengraben am 1. Dezember: Zum Hinsinken schön! Wäre der (jeweils vom Altstadthaus organisierte) Adventskalender fertig: es hätte sich bereits gelohnt. Doch es kommt mehr!
Tags darauf lädt die Künstlerin Adina Murer ein in ihr Atelier, eine gemütliche Runde geniesst ihre Gastfreundschaft in kleinem Kreis, es gibt etwas zu essen und zu trinken.
Am dritten Tag des Reigens heisst es «Fondue statt Tatort», es ist ein Sonntag und die Sendung Tatort findet effektiv nicht statt, sodass auf rein gar nichts verzichten muss, wer die Einladung der drei Paare an der Schipfe 39 annimmt und auf der Terrasse mithilft, das aus zehn (!) Kilo Fonduekäse zubereitete Fondue zu bodigen, das in immer neuen Pfannen aus der Küche herangetragen wird, zur hellen Freude der zahlreichen überraschten Gäste.
Der vierte Tag beschert im Teeladen von Barbara Streiff an der Froschaugasse den rund dreissig Leuten, die im Laden dicht an dicht stehen, angenehme Gespräche und etwas zu knabbern. Zu trinken gibt es, was zu ahnen war: würzigen Tee.
Am folgenden Tag werden die Adventskalenderanlassbesucherinnen und -besucher an eine den meisten unbekannte Location geführt: in den Gewölbekeller an der Krebsgasse 10, in dem die Formation «Kai Fisch» ihr Probelokal hat und eine Kostprobe ihres Könnens gibt. Eben ohne Fisch, aber mit viel Ambiente.

Für Klein und Gross
Am 6. Dezember gilt es ernst für die Kinder, die auf der Trittliwiese auf Samichlaus und Schmutzli treffen. Der Samichlaus spricht aber auch zu den Grossen: «Eltern, die ihr oft im Stress seid, Sorgen habt: Redet miteinander, bevor es zu spät ist! Und hört einander zu, nicht nur mit den Ohren, aber mit dem Herzen!» Der Elternverein offeriert allen angemeldeten Eltern und Kindern heissen Fleischkäse und je nach Alter Glühwein oder Punsch. Und die Kinder bekommen vom Schmutzli ein Chlaussäckli.
Man ahnt es, so geht es nun weiter bis zum 24. des Monats. Jeder Abend, jeder Anlass hat etwas Reizvolles. Jedes Adventsfenster lockt sein Publikum an, zwischen fünf und über zweihundert Personen.
Vornehmlich für die Kinder oder mit Kindern ist die Schnitzeljagd auf dem Rehplätzli, das Familienzelt im Kinderbuchladen an der Oberdorfstrasse, die Klänge und Gesänge im Atelier für Musik und Bewegung. Und natürlich das Weihnachtsspiel der Kinder im Grossmünster. Die anschliessend bei dieser Gelegenheit servierte Gerstensuppe, viele Jahre zubereitet von der leider viel zu früh verstorbenen Margret Bauer, wird diesmal offeriert von der «Fondue-Alp», dem Fondue-Chalet vor dem Grossmünster (im Rahmen des Weihnachtsmarkts).

Singing in the Rain
Gesungen und musiziert wird auch weiterhin: Der Altstadt-Chor singt auf dem Predigerplatz im strömenden Regen vor witterungsbedingt wenig mehr Publikum als Chormitgliedern «I want a hippopotamus for christmas», also nichts weniger als ein Flusspferd. Überall Wasser. Ebenfalls ziemlich ins Wasser fällt der Tauschmarkt für Weihnachtsschmuck auf dem Leueplätzli, es ist ein stürmischer Tag. Wie an dem Abend, als junge Frauen ihren «Weiber»-Liederabend geben; die wenigen Zuschauerinnen und Zuhörer sind begeistert. In schöner Atmosphäre und im kleinen Kreis werden auch die Weihnachtslieder gesungen in der Helferei. In der Predigerkirche findet sodann eine Harfenvesper statt. Im Theater Winkelwiese begeistert eine Band mit schrägen Liedern die Anwesenden, ein Hochgenuss.
Kulturelles gibt es bei der Buchhandlung «Never stop reading» und im Lavaterhaus erfährt man einiges über Lavater, um beim Apéro weiter über Physiognomik zu fachsimpeln.
Skurriles wie ausgestopfte Tiere zu entdecken gibt es in der Wunderkammer an der Kirchgasse. In der guten Stube von Maria und Alexander gibt es schwedischen Glögg zu trinken, am runden Tisch. Und das Restaurant «Schipfe 16» lädt ein zu einer heissen Suppe, bevor tags darauf dann alle in der Helferei zum Weihnachtsabend eingeladen sind, mit Essen und Trinken. – Nicht unerwähnt bleiben darf das Feuer durch die längste Nacht, das Anna Leiser am 21. Dezember zum 25. Mal auf dem Rehplätzli anzündet und die Nacht über unterhält, allen Anwesenden heissen Tee ausschenkend. An diesem Feuer wird diesmal der verstorbenen Dora Koster gedacht, die sich jeweils ebenfalls hierher begeben hat. Meinrad Furrer liest einige Textpassagen von ihr.

Neue Forschungsergebnisse
Last but not least darf hier verkündet werden, dass die Bethlehemssternforschung auch dieses Jahr wieder einen bedeutenden Schritt weitergekommen ist, wie das Forscherteam am Licht-Apfent vom 16. des Monats darlegte. Die zuvor als erwiesen erachtete Tatsache von Bethlehem, Bern, als Ursprungsort des bekannten Sterns von Bethlehem – ursprünglich lange in Israel vermutet – musste dieses Jahr abermals revidiert werden. Eine stringente Beweisführung mittels starker Indizienkette erbrachte nämlich… Die Indizien: Die Restaurants Sternen, Oerlikon, Sternen, Albisrieden, Sternen-Grill am Bellevue, wo man Sternen-Bräu trinken kann, bis man sternshagelvoll ist und nur noch Sterne sieht. Ja, was braucht es denn noch, um sternenklar zu sehen, bis es einem wie Sternschnuppen von den Augen fällt: der Ursprung des Sterns von Bethlehem liegt ganz klar – in Zürich!

Elmar Melliger