«Benzin im Blut»

Bild zum Artikel

Otto Taiana ist Rennen gefahren, Motorradrennen. 1968 hat er sein Geschäft am Seilergraben eröffnet. Heute führen es seine Söhne Peter und Remo. – Dieses Jahr können sie das fünfzigjährige Bestehen feiern.

«Seit Generationen werden die Taianas mit Benzin im Blut geboren und seit Generationen leben die Taianas ihre Liebe zum Motorrad im Beruf aus.» So ist auf der Homepage von Moto Taiana zu lesen. Vor fünfzig Jahren hat der vor zwei Jahren verstorbene Otto Taiana sein Motorradgeschäft am Seilergraben 5 gegründet. Er ist aktiv Rennen gefahren, war 1964 und 1966 Schweizer Meister in der Kategorie Seitenwagen und zweimal Vize-Schweizer-Meister. Er ist aber auch Solo-Rennen gefahren. Genauso wie seine Söhne Peter (49) und Remo (45), die das Geschäft seit siebzehn Jahren führen. Die beiden Brüder haben im väterlichen Betrieb die Lehre als Motorradmechaniker gemacht, wo sie seither arbeiten. Früher hatten die Taianas noch Lehrlinge, heute sind sie zu zweit im Geschäft.

Die Marke Honda
Reparierten sie zu Beginn noch verschiedene Marken wie BMW, Norton oder Suzuki, kam dann die Spezialisierung auf Honda. Diese Marke erlebte in den Siebzigerjahren einen Boom, alle wollten eine Honda fahren. Das waren die goldenen Jahre. Inzwischen hat sich das Geschäft etwas verlagert von den Motorrädern zu den Rollern oder Scootern, die es mit Hubraum zwischen 50 und 750 Kubikzentimeter gibt. Diese sind geeigneter für den Alltag im Stadtverkehr: Sie sind wendiger und man ist vorn vor dem Regen geschützt. Für kürzere Strecken sind diese Roller ganz praktisch. Sie werden mitunter ganzjährig gefahren, während die eigentliche Motorradsaison etwa von März bis Oktober dauert. Im Winter wird das Motorrad eingestellt, will man es und sich selbst nicht der Witterung aussetzen. So kennen die Gebrüder Taiana im Sommer denn auch kaum Ferien, dann läuft das Geschäft am besten und werden sie am dringendsten gebraucht. Ein grosses Lager führen müssen sie nicht: Ersatzteile, vor dem Mittag bestellt, sind am nächsten Morgen früh in der Werkstatt. Sie kommen von Italien oder von Belgien.

Liebe zum Motorrad
Vor einiger Zeit wurde die Werkstatt und der Verkaufsraum erneuert. Das markante niedrige Haus am Seilergraben gehört inzwischen den Taianas. Werkstatt und Laden sind im gleichen Raum, der fast die ganze Länge des Gebäudes einnimmt, in dem sich bereits vor 1968 ein Motorradgeschäft befand. Und in dem früher, wie Remo sagte, Teuchel, alte Holzröhren also, gelagert wurden und das noch früher als Gefängnis diente. So hat es der Vater erzählt. Im Obergeschoss, schon in der Dachschräge, sind einige Roller ausgestellt und in der Ecke steht ein Tisch, an dem Büroarbeiten erledigt werden. Im Keller dagegen stehen weitere Motorräder, darunter die Oldtimer von Peter und Remo, mit denen sie regelmässig an Oldtimertreffen und
-rennen teilnehmen. Dies führt sie häufig nach Deutschland, was es etwas schwierig macht wegen der Öffnungszeiten, denn diese Veranstaltungen beginnen meist bereits am Donnerstag und dauern bis Sonntag. Der Vater fehlt schon im Geschäft, in dem er fast Tag und Nacht war, bis zu seinem Tod mit achtzig Jahren.
Die längsseitige weiss getünchte Rückwand des Untergeschosses, zur Chorgasse hin also, weist leichte Wölbungen auf: Dies sind die Natursteine der früheren Stadtmauer, die hier verlief. Stolz hebt Remo das Tuch von einer der Maschinen und enthüllt seine Norton, Baujahr 1959, die blitzblank poliert auf den nächsten Einsatz wartet. Daneben steht eine Drehbank, an welcher der Vater nicht erhältliche Ersatzteile für die Oldtimer-Motorräder selber hergestellt hat, eine zeitraubende Angelegenheit.
Zur Arbeit kommen Peter und Remo, die beide verheiratet sind und in der Agglomeration wohnen, mit dem Motorrad oder dem Roller, weil man mit dem Auto ja doch keinen Parkplatz findet. Ihre Leidenschaft für Motorräder haben sie zum Beruf gemacht. Und leben sie aus am Wochenende, wenn sie ausfahren oder zusammen an einem Oldtimer-Rennen teilnehmen.
Wir wünschen weiterhin, auch geschäftlich, «gute Fahrt»!

Elmar Melliger