Für eine saubere Altstadt

Unser Gastschreiber Franz Würsch war viele Jahre für die Sauberkeit im Kreis 1 verantwortlich und hat dabei so manches erlebt. Nachfolgend erzählt er aus dieser Zeit.

Im Jahr 2000 wurde die Stadtreinigung geboren. Da wurde der bauliche Strassenunterhalt von der Reinigung getrennt. Von da ab galt: «Reinigung aus einer Hand» von Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ). Verantwortlich für den öffentlichen Grund (Strassen, Plätze, Verkehrsgrün, Kinderspielplätze usw.) sowie für den Winterdienst, der nun auch zum Aufgabenbereich gehört.
Der Werkhof an der Obmannamtsgasse ist zu diesem Zeitpunkt der Ausgangspunkt mit seinen 19 Männern und einer Frau für die Reinigung der Altstadt rechts der Limmat.
Nachfolgend einige Geschichten, die im Laufe der Zeit geschehen sind.

Nichts mehr zum Beissen
Am Telefon ist eine Frau, die ihre dritten Zähne vermisst. Sie habe sie in einen der städtischen Abfalleimer geworfen. Alle fragten sich, wie so was überhaupt passieren kann. Die Antwort ist ganz einfach: Die Zähne drücken unterwegs an ein paar Stellen, das Gebiss wird also rausgenommen und in eine Zeitung gewickelt. Beim Umsteigen hat die Dame nun keine Verwendung mehr für die Zeitung, die sie ja eh schon gelesen hat und wirft diese in den bereits erwähnten Abfallbehälter. So kommt es, dass ein Mitarbeiter den Auftrag erhält, der Frau zu helfen. Dies ist aber gar nicht so einfach. Die Dame bewacht inzwischen ihren vermeintlichen Abfalleimer – es ist der Falsche. Zum Glück ist aber bereits der zweite kontrollierte Eimer der Richtige und es kann ab jetzt wieder munter zugebissen werden.
Ein anderer Anrufer hatte ein ähnliches Problem. Er hatte seine 1000 Franken für die Posteinzahlungen in einen Briefumschlag gesteckt und diesen anschliessend zur Tarnung in einer ausgelesenen Zeitung verstaut. Sie erraten es vielleicht schon: Das Altpapier wurde in einem Abfalleimer entsorgt, mitsamt dem Geld. Die Herausforderung bei der Sache war, dass die Behältnisse bereits geleert waren und der Abfall in der zentralen Mulde landete, bereit zum Abtransport in die Verbrennungsanlage. Wie kommt man den nun an das Geld? Eine Tonne Müll wird von der Mulde auf einen Platz gekippt und der Betroffene kann nun nach Herzenslust im Abfall wühlen. Nach drei Stunden Suche in einem nicht eben angenehmen Abfallberg ist das Wühlen von Erfolg gekrönt.

Der Fall der Schreitenden
Der Auftrag einer externen Firma lautete, die Grossmulde voll Laub beim alten Sechseläutenplatz zu wechseln. Dies scheint grundsätzlich ein problemloser Auftrag zu sein, wenn nicht die Statue «Die Schreitende» neben der Mulde auf einem Sockel stehen würde. Das Telefon läutet und der Chauffeur teilt mir mit, dass «die Schreitende» nicht mehr auf dem Sockel stehe, sondern am Boden liege. Zuerst glaubte ich an einen Scherz, doch er bestand auf mein Erscheinen. Vor Ort war es dann in der Tat kein lustiger Anblick. Da lag sie nun hinter dem Lastwagen mit einem abgebrochenen Arm und einigen Beulen. Ins Spital oder liegen lassen sind keine Alternative. Die Lösung war ein Lastwagen mit Kran und anschliessendem Transport zum Künstler. Nach einem zweimonatigen «Genesungsaufenthalt» bei diesem durfte sie wieder auf ihren Sockel und erstrahlte in neuem Glanz.

Winter in der Zürcher Altstadt
Ein schönes Hochwinterwochenende mit 25 bis 30 Zentimeter Neuschnee und dies nicht in Arosa, sondern in der Zürcher Altstadt. Trotz Einsatz aller verfügbaren Gerätschaften und Mannschaften rund um die Uhr war es nicht möglich, den Verkehr aufrecht zu erhalten. So geschah es, dass gegen Sonntagmittag für einige Zeit die Skifahrer, Langläufer und Schlittenfahrer die Altstadt für sich eroberten. Der gesamte Verkehr kam praktisch zum Erliegen. – Die Hilfe nahte von Petrus gegen Abend und die Temperatur kletterte über null Grad.
Der Winterdiensteinsatz ging – zum Leidwesen der spontanen Wintersportler – zügig weiter und pünktlich für den Wochenstart war die Altstadt wieder verkehrstauglich.

Suche der Nadel im Heuhaufen
Die Sache begann ca. 10 Uhr mit der Meldung der Stadtpolizei: Man suche im Zusammenhang mit einer Straftat die Tatwaffe. Deshalb müsse der Abfall der Innenstadt danach durchsucht werden. Dies sind «nur» rund drei Tonnen, die im Kehrichtlastwagen warten. Also wurde dieser entladen und die riesige Menge Müll durchsucht. Dazu wurden fünf Polizisten ausgerüstet mit Stiefeln, Handschuhen, Masken, Schaufeln, Rechen. Erst um 13 Uhr war endlich die Arbeit getan, nur leider nicht von Erfolg gekrönt: Die Waffe wurde nicht gefunden im Abfall.

Saubere Innenstadt
Der Zusammenschluss der damaligen Geschäftsstruktur (2001) war nicht einfach. Es musste der Bezirk B (Uraniastrasse, Kreis 1 links der Limmat) integriert werden in den Bezirk A (Obmannamtsgasse, Kreis 1 rechts der Limmat) und 37 Mitarbeiter mussten unter eine Führung gebracht werden. Dies mit klaren Anforderungen des damaligen Direktors: Eine saubere Innenstadt unter der Berücksichtigung von Effizienz, Optimierung der Reinigungsabläufe sowie der Rücksichtnahme auf die Bürger, die in der Innenstadt wohnen und arbeiten. Das wurde dann nach drei Jahren erreicht, es gab dadurch nur noch wenige Reklamationen betreffend Sauberkeit. Der Erfolg war darauf zurückzuführen, dass man sich den verschiedenen Bedürfnissen angepasst hatte, die Mitarbeiter sensibilisiert wurden und natürlich half auch der technische Fortschritt. Erfolg kann man nur zusammen erreichen. Nebenerscheinung war, dass die Mannschaft bis zum Jahr 2004 auf 30 Mann reduziert wurde (kein Ersetzen der natürlichen Abgänge).

Grosse und weniger grosse Feste
Street Parade, Züri-Fäscht und Silvesterzauber: Das sind die drei grossen «Kisten», die man in der Innenstadt angehen muss. Alle städtischen Dienstabteilungen sind dabei sehr ge-fordert und müssen topp Leistungen erbringen. Die Stadtreinigung des ERZ ist federführend für die Reinigung: Flächenreinigung, Waschen des öffentlichen Grundes, Abfuhr des Abfalls und Rückführung des Recyclingmaterials. Im Einsatz sind rund 160 Personen, interne und externe Leute. Das Ziel ist jeweils, dass Stadt und Festgelände zwischen 10 und 11 Uhr morgens wieder sauber der Öffentlichkeit zugänglich sind.
In der Innenstadt finden auch etwas kleinere Feste statt. Dazu zählt die Fasnacht, das Sechseläuten, das Dörflifäscht und der Zürich-multimobil-Tag. Diese Anlässe werden von der Mannschaft der Innenstadt bewältigt mit Unterstützung grösserer Fahrzeuge des ERZ. Auch hier gilt, bis ca. 10 Uhr die Reinigung abgeschlossen zu haben.

Ausgefallene Wünsche
Einige ausgefallene Wünsche zum Schluss: So kam die telefonische Aufforderung zur Abholung von Hundekot vor einem Geschäft.
Im Herbst die Mitteilung eines Bürgers, dass es viel Laub vor seinem Haus auf dem Gehsteig habe. Sofortige Räumung sei erforderlich.
An der Fasnacht ging die Meldung ein, auf dem Hirschenplatz herrsche grosse Unordnung, alles voller Konfetti usw., der Platz müsse gewaschen werden. Die Kontrolle ergab Reste von Konfettis, die sich in der Pflästerung eingenistet hatten. Waschen im Winter?

Franz Würsch

Unser Gastschreiber
Franz Würsch (1948) ist in Beckenried (NW) aufgewachsen. Gärtnerlehre in Fribourg. Anstellungen im Gartenbau in Liestal und Zug, sodann anderthalb Jahre in Oslo. 1971 arbeitete er in Zürich (Gartenbau), 1979 übernahm er die Werkführung (Sprengmeister) in einem Steinbruch in Steinmaur und zwei Jahre in Mellikon. Ab 1991 tätig für die Stadt Zürich beim Tiefbauamt als Strassenmeister-Stellvertreter, 2002 bis 2011 Reinigungsmeister Innenstadt mit fast vierzig Mitarbeitenden. 2011 übernahm er die Verantwortung für Graffiti und die Veloordnung der Stadt Zürich. Ende 2013 Pensionierung. – Der Vater von zwei Söhnen ist verheiratet und wohnt seit dreissig Jahren in Steinmaur. Nun findet er mehr Zeit für seine Hobbys, den eigenen Garten, Fischen in der Limmat, seit 1974 Jagen, erst Hochgebirgsjagd im Kanton Uri, seit zehn Jahren im Elsass.