Das Beste kommt zum Schluss

Der vom Altstadthaus organisierte Adventskalender ist seit bald zwanzig Jahren aus der Jahresplanung vieler Altstadtbewohnerinnen und -bewohner nicht mehr wegzudenken. Ist der bunte Reigen ganz zum Schluss des Jahres doch einer der Höhepunkte im Quartierleben.
Wohl niemand hat es bisher geschafft, an sämtlichen Adventsfenstern zugegen zu sein. Es sind ja auch sage und schreibe 24 Anlässe, kleinere und grössere Veranstaltungen mit zwischen einer Handvoll und 200 Gästen, die es zu besuchen gälte. So bleibt letztlich wohl oder übel hinter dem guten Vorsatz zurück, wer überall dabei sein will. Was aber natürlich weniger ins Gewicht fällt als die Bekämpfung des Bauchfetts nach den Festtagen, der Rauchstopp im neuen Jahr oder was sonst man sich an schwer zu erfüllenden Vorsätzen noch auferlegen kann.
Ganz leicht ums Herz wurde einem ja beim Auftakt zum bunten Reigen mit den siebzig singenden Kindern am 1. Dezember im Schulhaus Hirschengraben. Manch eine Omi und manch ein Götti mag dabei ein Tränchen der Rührung und der Freude verdrückt haben.
Am folgenden Tag liest Brigitte Klaas Meilier in intimem Rahmen aus ihrem neuen Buch, beim «Holzbueb». Am 3. Dezember erfolgt die Einladung in die Kirche St. Peter zu einer Führung zur aktuellen Kunstinstallation. Am nächsten Tag performt Simon Brusis vom Theater Neumarkt eine fröhliche Weihnachtsgeschichte für Kinder, vor dem Theater. Der Weihnachtsapéro bei der Nachbarschaftshilfe in der Helferei gehört seit Jahren dazu, ebenso wie natürlich der Besuch des Samichlaus auf der Trittliwiese am 6. Dezember. Die Kinder erwarten mit pochenden Herzen die Ankunft der Respektsperson, die in Begleitung des Schmutzlis schliesslich eintrifft. Wobei einzelne der Kleinen die natürliche Scheu vor dem Samichlaus scheinbar verloren haben und sich aufgekratzt und vorwitzig zu Wort melden, seit sich herumgesprochen hat, dass Sack und Rute ausschliesslich friedlichen Zwecken dienen. Der Elternverein Altstadt offeriert zur Feier des Tages allen heissen Fleischkäse, an diesem milden Abend. Eine Wurst spendiert erhalten die Gäste des Einwohnervereins im Quartierraum beim Lindenhof, wo man sich gemütlich unterhalten kann. Die Mitte Jahr gegründete «Flickbar» gibt ihren Einstand im Adventskalender mit einem Umtrunk.
Apéros und Kulturelles
Kulinarische Höhenflüge bieten die leckeren portugiesischen Häppchen, die Mabilio und Olga Ramos beim Apéro vor ihrem Laden am Neumarkt offerieren. Die «Superköche» – Bescheidenheit als Zier war gestern – schöpfen auf dem Leuenplätzli etwa fünfzig Portionen Gulaschsuppe aus. Suppe und etwas zu knabbern gibt es ausserdem beim Limmatclub sowie beim Café Yucca, einen Weihnachts-Tschai erhält man bei Aeberli Architekten.
Und an etlichen Anlässen wird im Nachgang zu einem kulturellen Teil ebenso etwas für das leibliche Wohl angeboten. So etwa bei der Führung im Grossmünster mit Kindern (Suppe) oder beim Musical «Weihnachten fällt aus» – ebenfalls mit Kindern – in der Predigerkirche (Glühwein/ Punsch und Gebäck). Nun darf man es ja sagen: Weihnachten ist schliesslich gar nicht wirklich ausgefallen. Effektiv nicht stattgefunden hat dagegen das Singen von Weihnachtsliedern am 20. Dezember, weil der Organisator Matthias Senn sich bei einem Sturz verletzt hatte. Fast ins Wasser gefallen im wörtlichen Sinn wäre das Feuer in der längsten Nacht, das Anna Leiser zum 26. Mal auf dem Rehplätzli anzünden wollte: Es hat zeitweise in Strömen geregnet. Doch dank eines Zeltdachs und viel gutem Willen ihrerseits kann sie trotzdem etliche Gäste begrüssen, die sich jeweils für eine Weile um das Feuer versammeln. Vor solchen Überraschungen gefeit bleibt der Chorgass-Chor, der seinen Auftritt beim Helmhaus, also unter Dach, angesagt hat. – Sterne falten im Altstadthaus möchten am Abend des 13. Dezember nur gerade einige Wenige, denen das aber sichtlich Freude bereitet. Ebenfalls im Altstadthaus finden «die Metzger» ein zahlreiches Publikum, die mit ihrem Improvisationstheater auf hohem Niveau die Gäste begeistern. Sie nutzen das Altstadthaus regelmässig als Proberaum. Ein ganz besonderes Probelokal haben die drei Formationen, welche am 9. Dezember eine musikalische Kostprobe ihres Könnens geben: der Gewölbekeller an der Krebsgasse 10 hat ein unwahrscheinliches Ambiente (siehe Bild). Ebenso speziell ist sicher der Ort, wo Aileen und Myrtha Guggenbühl «Mad Lip» mit den Gästen spielen, nämlich in der hoch über den Dächern gelegenen Stube im Turm der Kirche St. Peter.
Zum letzten Mal – oder nicht?
Die Kult gewordene Veranstaltung mit dem kuriosen Namen «Apfent» soll dieses Jahr zum letzten Mal stattfinden, verkündet Jürg Knecht am
15. Dezember vor seinem Laden «Billboards» am Zähringerplatz (den er für diesen Anlass seit Jahren zur Verfügung stellt) in einer humorvollen Ansprache vor dem sichtlich geschockten Publikum. Das folgende Ständchen des talentierten Trios Chrigle, Roli und Remy mit Hawaii-Klängen versöhnt die Umstehenden mit dem Schicksal und als man sich mit einem Glas Bier aus Hawaii zuprostet, ist der Kummer grad mal aus der Sichtweite verschwunden. Zumal inzwischen durchgesickert ist, dass das köstliche Trio sich an künftigen Adventskalenderveranstaltungsreihen trotzdem vielleicht anderswo eventuell wiederum formieren könnte. Wer weiss.
Elmar Melliger
PS: Ein herzlicher Dank geht an das Altstadthaus, das den Adventskalender organisiert und koordiniert, sowie an all die Gastgeberinnen und Gastgeber, welche eines der Adventsfenster angeboten haben. Das war wieder eine grosse Bereicherung und Freude!