«Getruckt zů Zürich»

Wie der Buchdruck die Zürcher Reformation prägte: Dieser Thematik widmet sich eine sehenswerte Ausstellung der Zentralbibliothek im Predigerchor.
500 Jahre Reformation – seit zwei Jahren, im Schlepptau der Erinnerung an Luthers Thesenanschlag in Wittenberg 1517, haben auch bei uns bereits viele Gedenkveranstaltungen zu diesem welthistorischen Ereignis stattgefunden, obwohl als massgebendes Stichdatum für das entsprechende Zürcher Jubiläum bekanntlich erst der 1. Januar 1519 gelten kann, an dem Zwingli am Grossmünster zu wirken begann.
Das Jahrhundert-Thema wird hier also auch dieses Jahr seine Fortsetzung finden, Stefan Haupts Zwingli-Film dürfte sich weitere Wochen in den Kinos halten, und das Stadthaus präsentiert noch bis Anfang März die unerfreulichen, oft verdrängten Schatten der Reformation.
Propagandawerkzeug
Ein weitaus rühmlicheres Kapitel schlägt die Zentralbibliothek mit ihrer Ausstellung «Getruckt zů Zürich» im Chor der Predigerkirche auf. Der lapidar kurze Ausstellungstitel gibt sich bescheiden. Dahinter öffnet sich eine reichhaltige Zusammenstellung von Exponaten, welche die Bedeutung des Buchdrucks als massentaugliches Propagandawerkzeug vor allem für die Verbreitung der Reformation in seiner ganzen Vielfalt dokumentiert.
Im Zentrum der Ausstellung steht die Produktion des 1515 aus Oberbayern nach Zürich zugezogenen Christoph Froschauer. Zunächst als Geselle beim Drucker Hans Rüegger angestellt, übernahm er nach dessen Tod 1517 die Druckerei. – Als Anhänger der reformatorischen Ideen druckte er bereits 1521 Flugschriften mit Texten von Luther und Erasmus, woraus sich dann rasch eine enge Zusammenarbeit mit Zwingli ergab, von der beide Seiten profitierten.
Geschicktes Marketing
In geschickter Marketingstrategie gelang es Froschauer, die Publikationen des Reformators als Marke kenntlich zu machen, indem er die Titelblätter jeweils mit einheitlicher Typographie, dem Holzschnitt mit einer Christus-Darstellung und darunter der immer gleichen persönlichen Devise Zwinglis, einem Zitat aus dem Matthäus-Evangelium, ausstattete. – Regelmässig besuchte Froschauer die Frankfurter Buchmesse, wo seine angebotenen Titel steigende Beachtung fanden. Das verhalf auch Zwingli zu internationalem Ansehen, so dass seine Schriften vermehrt auch im Ausland nachgedruckt wurden. Praktisch alle wichtigen Werke von Zürcher Theologen und Wissenschaftlern erschienen bei Froschauer. Auf seinen vier Pressen erzeugte er rund 800 Drucke, womit er im deutschsprachigen Raum zu den Grossen seines Fachs zählte.
Prachtvoll
Zu den Höhepunkten seiner Buchproduktion, und damit auch der Ausstellung, gehören die inhaltlich wie typographisch prachtvollen Folio-Ausgaben der Zürcher Bibel von 1531, der eidgenössischen Chronik des Johannes Stumpf von 1547/48 und des imposanten, 3500 Seiten umfassenden Tierbuchs von Conrad Gessner, das von 1551 bis 1558 in mehreren Teilen gedruckt wurde.
Angesichts ihrer zahlreichen Holzschnitt-Illustrationen nach Vorlagen namhafter Künstler ist die landläufige Ansicht der scheinbar so bilderfeindlichen Zürcher Reformation tüchtig zu revidieren. – Die übersichtlich gegliederte Ausstellung macht klar, dass Froschauers Wirken für Zwingli persönlich und für die Zürcher Reformation nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Matthias Senn
«Getruckt zů Zürich», Ausstellung der Zentralbibliothek, Zähringerplatz 6, im Predigerchor, Eingang im Bibliothekshof. Montag bis Freitag 13 bis 17, Samstag 13 bis 16 Uhr. Bis zum 30. April 2019.