Anregender Austausch

Einander nichts schuldig blieben sich am 28. Januar im Grossmünster Christoph Sigrist und Viktor Giacobbo in der Gesprächsreihe «Persönlich», die organisiert wird durch den Verein Freundeskreis Grossmünster.

Was in ihm denn vorgegangen sei, als er vor einigen Jahren jenen schlimmen Autounfall überlebt hätte, wollte der Sigrist, der eigentlich Pfarrer ist, von seinem Gesprächspartner wissen. «Auch wenn du etwas anderes vielleicht lieber hören würdest: dass die Airbags in meinem neuen Auto mich gerettet haben», kam die säkulare Antwort des unter anderem durch seine satirischen Fernsehsendungen bekannt gewordenen Giacobbo, der sich nicht auf einen Beruf festlegen mochte, sondern eine Liste von Berufen vorlas und zwischendurch mal grinsend sagte: «Das bist du dich nicht gewohnt: Widerspruch, in deiner Kirche, was?»
Das Gespräch vor 200-köpfigem Publikum erreichte durchaus Tiefe und einige Höhenflüge. Giacobbo sprach von seiner nicht-christlichen Spiritualität, von seiner Selbstironie, von der Sprengkraft der Satire. Man musste ein paar Mal lachen, denn lachen muss man, hat man eben gelernt, ob man will oder nicht, das macht man ja reflexartig und manchmal an unpassenden Stellen, gerade auch wenn es der Ernst der Situation nicht gebietet.
Das Evangelium, philosophierte Christoph Sigrist, verhalte sich zum Glauben wie der Witz zum Lachen. Und er erklärte mit Seitenblick auf einen Angriff seitens eines Politikers, der sich über Einmischung der Kirche in die Politik beklagt hatte: «Die Verkündigung des Evangeliums ist politisch.»
Es gab schöne Momente im Gespräch, etwa als der Gast dem Pfarrer einräumte, dass seine soeben gemachte Aussage eigentlich «zum Nachteil deiner Konkurrenz, der Katholischen Kirche» wirke und der Pfarrer trocken entgegnete: «Darauf hatte ich gehofft.»
Die zwischen tiefsinnigem Gedankenaustausch und scharfzüngigem Schlagabtausch virtuos hin und her wechselnde und durch kurze Pausen mit Hackbrettklängen unterbrochene Veranstaltung im Grossmünster fand ihren Abschluss in der Sakristei, wo man sich bei einem Glas Wein aufwärmen konnte.

Elmar Melliger