Ein begabter Prediger

Pfarrer Klaus Guggisberg feiert am 13. Mai seinen 65. Geburtstag. Am 9. Mai hielt er in der Fraumünsterkirche nach 26-jähriger Pfarrtätigkeit seinen Abschiedsgottesdienst.

Von Madeleine Bächler

Im Februar 1978 wurde Klaus Guggisberg, ohne dass eine Ausschreibung stattfand, zum 24. Pfarrer an die Fraumünsterkirche berufen. Zu dieser Zeit sei er als Berner nicht nach Zürich orientiert gewesen und er hätte sich wohl auf eine Ausschreibung nicht beworben.

Pfarrer Guggisberg ist ein begabter Prediger und Seelsorger. Die biblische Botschaft und das Wissen von menschlichen Konflikten stehen bei ihm im Mittelpunkt. Ein grosser Teil dieser Erfahrungen finden sich in seinen Predigten. Klaus Guggisberg will mit dem Wort Gottes seine Hörer dort abholen, wo sie wirklich leben, in ihrer Zeit und bei ihren Problemen. Die ganz besondere Gabe von Klaus Guggisberg zeigt sich in der unerhörten Weite, in der klassische und moderne Literatur ebenso Platz haben wie Psychologie und Sozialwissenschaft und Politik. Luther und Calvin werden zitiert, Gotthelf und Karl Barth, Goethe und Thomas Mann, und immer wieder Dietrich Bonhoeffer. Die Fraumünsterpredigten liegen nach dem Gottesdienst zum nochmaligen Lesen am Ausgang auf. Zusätzlich werden über 230 Exemplare verschickt.
Seine Predigten sind in vier Büchern zusammengefasst. Es sind Predigten zu den Chagall-Fenstern, über Joseph und seine Brüder, zum Paradiesfenster von Augusto Giacometti und zur Schöpfungsgeschichte. In seinem fünften Buch sind Gebete aus Gottesdiensten publiziert.

Diese Gebetssammlung ist unter anderem während des Studienurlaubes 1997 entstanden. Diesen nutzte Klaus Guggisberg überdies auch für ein Studium an der Universität in Princeton. Das nächste Buch wird über die Bergpredigt sein. Die Bergpredigt diente ein Jahr als Grundlage für seine Andachten.
Das Fraumünster ist eine Zentrums- und Predigtkirche. Da die Häuser in der Altstadt immer mehr mit Büros und Geschäften belegt sind, ist die Zahl der dort lebenden Gemeindemitglieder stark zurückgegangen. Die stimmberechtigten Gemeindemitglieder sind unter 100. Umso mehr ist die Gemeinde derer gewachsen, die von überall her kommen. So zählt der Fraumünsterverein über 1000 Mitglieder. In seinem Vorwort zum Buch über die Schöpfungsgeschichte, das er aus Anlass seines zwanzigjährigen Jubiläums herausgegeben hatte, schreibt Klaus Guggisberg, dass es ohne Fraumünster keine Fraumünstergemeinde gäbe. Diese treue Hörerschaft erlaube es ihm, jeweils ganze biblische Bücher in Predigtreihen auszulegen, wie dies auch Calvin und Zwingli getan haben.

Klaus Guggisberg studierte zuerst in Bern, dann in Hamburg, hauptsächlich aber in Basel. Seine Religionslehrer im Freien Gymnasium Bern – Klaus Schädelin, später Fürsorgedirektor der Stadt Bern, und Walter Lüthi, Pfarrer am Berner Münster – bewogen ihn zum Theologiestudium. Sein Vikariat absolvierte er in Bolligen und 1966 wurde er Pfarrer in der Diasporagemeinde Horw bei Luzern, bis er 1978 ans Fraumünster berufen wurde.

15 Jahre war er Mitarbeiter der Redaktion des «Kirchenboten des Kantons Zürich». Während 25 Jahren hörte man ihn regelmässig im Radio DRS das Wort «Zum neuen Tag» sprechen. Er war in der Erwachsenenbildung tätig, so am Technikum in Luzern für das Fach «Mensch und Natur», in der Schule für Erwachsenenbildung für das Fach «Anthropologie» und an der Abendschule für Sozialarbeit für das Fach «Evangelische Ethik».

Klaus Guggisberg wohnte mit seiner Gattin Käthi und seinen drei Söhnen im Pfarrhaus mitten in der Stadt. Sie haben sich wohl gefühlt und Zürich als sehr offene Stadt empfunden. Seine Gattin ist vor zwei Jahren an einer schweren Krankheit viel zu früh verstorben.

In diesen Tagen nimmt Pfarrer Guggisberg Abschied von seiner Pfarrgemeinde. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Er freut sich. In Brissago hat er ein Haus gekauft, dort wird er malen, Klavier und Cembalo spielen und viel lesen. Er wird Zeit mit seinen Söhnen und deren Familien verbringen. Er erfreut sich an seinen zwei Enkeln und die Geburt des dritten Enkelkindes wird bald erwartet.