Der Ärger mit dem Ärger

Dass sich das Mitleid meiner teuren Schwester Regula für die Investoren der Residenz Gustav an der Europaallee angesichts derer Profitgier in Grenzen hält, kann Felix durchaus nachvollziehen. Masslosigkeit und mangelndes Augenmass hat noch selten zu vernünftigen Resultaten geführt, aber schon vielfach zu grossem Ärger und mehr. Die ganze Europaallee ist in Felix’ Augen ein Gesamtärgernis, ein «eyesore», wie der Anglophile dies nennt. Das englische Wort lässt sich schlecht übersetzen – mit «Schandfleck» vielleicht, aber besser findet Felix es einfach als Gegenteil von «Augenweide». Aber genug der Wortklauberei, Architekten werden immer Argumente vorbringen, die uns «Laien» als verständnislose Stümper aussehen lassen. Doch der Ärger bleibt, denn auch wenn Felix zum hundertsten Mal einem hässlichen Gebäude begegnet wird es nicht prächtiger. Also ärgert er sich…
Indes, soll man sich überhaupt ärgern, und wenn ja, worüber? Klar, man kann sich über Roger Köppel und die gesamte SVP ärgern, oder über das unsägliche Getöse der Laubbläser, die einem wieder den Herbst vergällen. Auch die schrecklichen Elektro-Trottinets, die epidemiemässig überall rücksichtslos parkiert werden, sorgen für gewaltigen Ärger. Ein sehbehinderter Bekannter stürzte neulich über eines dieser quer auf dem Trottoir stehenden Dinger und zog sich dabei eine Fraktur des Handgelenks zu. Und da wären selbstredend noch all die Velofahrer, die offenbar unfähig sind, in vorgeschriebenem Schritttempo durch die Froschaugasse zu pedalen, sowie die Meute junger Leute, die wochenendlich den Eingang zur Predigerkirche, wenn nicht den halben Zähringerplatz mit Dosen und Flaschen zumüllen. Vom ganzen Lärmproblem in der Altstadt ganz zu schweigen.
Ärgernisse also so weit das Auge und das Ohr und manchmal auch die Nase reichen. Dabei wäre vieles ja absolut vermeidbar – etwas mehr Rück- und Vorsicht, sich hin und wieder selbst an der Nase nehmen, sich auf die gute alte Kinderstube besinnen, sich daran erinnern, nicht im Schilf aufgewachsen zu sein und zu was Anstand eigentlich führen könnte.
Ärger ist ja zudem recht ungesund, führt zu Missmut, Herzinfarkt und Trunksucht. Felix wird sich in Kürze mit seiner Krankenkasse in Verbindung setzen, möglicherweise bietet sie eine Zusatzversicherung gegen Ärger und dessen Folgen an. Allerdings ist Felix nur allgemein versichert, auch wenn er am Zürichberg logiert. Trotzdem, mal sehen…   

Felix