Rührei mit Kaviar, aber ohne Prinz

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Die Neueröffnung des «Münsterhöfli» ist für den Zürcher Erfolgsgastronom Michel Péclard (51) ein «Da capo», ein «Déjà-vu»: Schon 1997 führte er das Traditionslokal zusammen mit den Schülerinnen und Schülern der Hotelfachschule Luzern, wo er als Dozent unterrichtete. 1998 kam die «Pumpstation» dazu. Mittlerweile managt er zusammen mit seinem Geschäftspartner Florian Weber (35) fünfzehn zeitgeistige Betriebe in und um Zürich.

Moritz von Hohenzollern, der auch in den Medien hoch gelobte kochende Prinz, ist nicht lange geblieben. Man trennte sich «in gegenseitigem Einvernehmen», wie einer spröden Pressemitteilung zu entnehmen war, man habe sich kulinarisch nicht einigen können. Nun kocht im «Münsterhöfli» statt Momo derzeit Cassius Oesch vom Sommerlokal «Fischer’s Fritz» (das gerade renoviert wird), sein Kollege Zakarya «Zaki» Ibram, ein langjähriger Péclard-Jünger, ist bis zur Saisoneröffnung am See ebenfalls hier.

Im Obergeschoss weiss aufgedeckt
Als Geschäftsführerin an Bord bleibt Iris Petermann aus Serneus («Kunststube» Küsnacht, «Weiss Kreuz» Malans). Seit Jahrzehnten besucht sie die Zürcher Blumenbörse in Wangen bei Dübendorf persönlich. Ihre Blumenkreationen im Obergeschoss und auf den Fenstergesimsen sind ein Aufsteller. Und zu essen gibt es ja auch, zum Beispiel Rührei vom Stockengut Kilchberg mit Kaviar (Fr. 48.–). Der Kräutersalat (Fr. 14.–) wird auf dem Bürkliplatz-Markt gepostet, der warme Hummersalat mit Mango und Portulak (Fr. 34.–) ist lecker, kommt aber von weiter her. Für die Zürcher Bouillabaisse (Fr. 21.–) ist der renommierte letzte Zürichseefischer Adrian Gerny zuständig. Das klassische Zürcher Geschnetzelte mit Rösti kostet 48 Franken, mit oder ohne Nierli.
Eine Augenweide und ein Schmuckstück im Obergeschoss ist natürlich der «Liebesgarten», ein Secco-Wandgemälde aus dem Jahr 1370, in dieser Art landesweit eine einmalige Sehenswürdigkeit und ein Zeugnis von Lebensfreude, das man dem drögen alten Zürich eigentlich nicht zugetraut hätte.

Die Wirtsstube
Im Parterre befindet sich die altehrwürdige Wirtsstube. Eine Wand hat der zeitgeistige Zürcher Kunstmaler Max Zuber (geb. 1951) dekoriert. Am Montag wird gejasst. «Was brauchen wir noch einen Samschtig-Jass, wenn wir am Montag im ‹Münsterhöfli› jassen können», unkt ein Stammgast. Oft mit dabei ist der altgediente Sterne-Koch Jacky Donatz («Jacky’s Stapferstube», «Fifa-Sonnenberg»).
Wir bestellten die grosse Portion seiner berühmten Kalbshaxenravioli (Fr. 38.–) und haben sie zu dritt als Vorspeise genossen (teilen ist im «Münsterhöfli» übrigens kein Problem, sondern lässiges Programm). Die Egli – aus dem Zürichsee! – sind erstklassig (Fr. 42.–), die Kalbsleberli gibts auf Wunsch auch ohne Zwiebeln (Fr. 38.–). Die im Ofen gegarte Chalon-Ente mit Orangen-Honig-Lavendelsauce wird am Tisch tranchiert und in zwei Gängen für zwei Personen serviert (Fr. 70.– pro Person). Schön bodenständig und sehr sättigend ist die Rösti mit Speck, Käse und Spiegelei (Fr. 22.–). Alles überaus sorgfältig und liebevoll gekocht und deshalb die gehobenen Preise wert.

Eine ausgefuchste Weinkarte
Dazu tranken wir den Walliser Heida-Wein von der St. Jodern Kellerei, der auch offen ausgeschenkt wird (Fr. 9.50 der Dezi). Günstiger wäre der Cervo Zermatt Johannisberg Gold 2017 und Fischer’s Fritz Federweisser 2018 vom Turmgut Erlenbach (beide Fr. 8.50).
Essen ist in Zürich teuer. Noch teurer ist trinken. Dass wir uns den Pinot Noir von Dieter und Martha Gantenbein gönnten (Fr. 210.–), war ein freiwilliger patriotischer Entscheid (auf eigene Kosten), die Fläscher thronen bekanntlich im Winzer-Olymp.

Esther Scheidegger

Restaurant «Münsterhof», Münsterhof 6, Tel. 044 262 33 00, www.muensterhoefli.ch, Montag bis Sonntag 11.30 bis 24 Uhr, Küche bis 22 Uhr. Oben und unten je dreissig, Terrasse siebzig Plätze.