Im längsten Gebäude

Der diesjährige Herbstausflug des Quartiervereins Zürich 1 rechts der Limmat führte die 17 Teilnehmenden am Knabenschiessen-Montag, 14. September 2020, nach Winterthur, wo sie die Seilerei Kislig besuchten. Einige erinnern sich noch an die Seilerei Denzler an der Hohen Promenade in Zürich .
An die Anreise mit dem ÖV, diesmal mit S-Bahn und Bus, hat man sich schon gewöhnt. Und so stehen alle in der Seilerei und lauschen den Ausführungen von Martin Benz, der das Geschäft vor 17 Jahren übernommen hat. Seit 1878 steht das 100 Meter lange, schmale Gebäude schon da, heute in einem Wohnquartier.
Martin Benz fertigt im langen Gebäude Spezialseile an, Naturfaserseile sowie Kunststoffseile, die durchaus wie ein Hanfseil aussehen können, jedoch wetterfest sind. Gerade für Kinderspielplätze werden solche gebraucht. Er führt die Gäste durch den Betrieb, demonstriert eine Maschine, die auch nach 107 Jahren ihren Dienst tut.
Spezielle Aufträge sind etwa Kernmantelseile mit einem Draht in der Mitte, Zündlunten für Vorderladergewehre oder ein 150 Meter langes Spezialseil für den Airbus 380. Mit seinen zwei Mitarbeitern fertigt er aber auch Trapeze und Hochseile für Artisten, hat etliches für Karls kühne Gassenschau gemacht. Ebenso vermietet er Seile zu Dekorationszwecken oder für Filmproduktionen. Man hört dem versierten Erzähler, er macht etwa 140 Besichtigungen im Jahr, gerne zu. Zuletzt dürfen die Besucherinnen und Besucher an einem Seil im Hanf-Look mitarbeiten, das allerdings aus Acryl besteht, und werden auf diese Weise Mitbesitzer des Quartierseils.
Ein herrlicher Spätsommertag ist es, die Ausflügler nehmen den Weg unter die Füsse und erreichen nach einem kurzen Spaziergang das Restaurant «Tiefenbrunnen», das die Wirtin trotz Ruhetag eigens für sie geöffnet hat und sie mit einer üppigen Zvieriplatte erwartet. In der Gartenwirtschaft im Schatten des grossen Nussbaums lässt man den interessanten Nachmittag ausklingen und ist sich einig: Die Abwesenden haben etwas verpasst!  

Elmar Melliger