Von Brunnen und Beizen

Nun scheint sie also wieder zurück zu sein, die grosse Freiheit (nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Strasse zwischen Beatles-Platz und Reeperbahn in Hamburg, St. Pauli, ha, ha!). Beinahe alles ist wieder erlaubt – möglichst maskiert selbstredend – nur die Gaststuben der Beizen sind nach wie vor tabu. Sogar Demonstrationen werden wieder genehmigt, allerdings mit extrem beschränkter Teilnehmerzahl. Ausser man rotte sich in Rapperswil zusammen, was zwar verboten wurde, aber dank grossem Langmut der örtlichen Landjägerei gleichwohl anstandslos über die Bühne gehen konnte. Der Zürcher Stadtpolizei scheint solches Nichteingreifen eher fremd, denn treffen sich ein paar Dutzend Frauen am internationalen Frauentag, kommen offenbar schon mal Pfefferspray und Fäuste zum Einsatz.

Auf der anderen Seite ist den hiesigen Gesetzeshütern durchaus auch einmal ein Kränzchen zu winden. Während den unzähligen Apéros rund um Rudolf Stüssis Brunnen zeigten sich auch hin und wieder Polizeier mit viel Nachsicht, obwohl die empfohlenen Abstandsregeln nicht immer eingehalten wurden.

Felix wird diese Brunnenstunden (wie er sie stets nannte) schweren Herzens vermissen, begegnete er da doch immer vielen bekannten Gesichtern und führte Plaudereien, die oft mehr als nur die herrschende Covidität zum Thema hatten. Diese Brunnenstunden werden bestimmt in die örtliche Geschichte eingehen – fotografisch hervorragend dokumentiert wurden sie ja bereits im letzten Jahr durch Christian Schwarz, dem umtriebigen Hoffotografen der Altstadt. Und wer weiss, möglicherweise wird der Apéro am Brunnen zu einer Tradition, die niemand mehr missen möchte. Die Zgraggens und die Stüssihof-Kino-Bar würden es ihr sicher danken.

Derweilen wird sich Felix aber vor allem in den wieder geöffneten lokalen Gartenbeizen verlustieren und versuchen, deren kommerziellen Verluste etwas zu mindern.

Es entbehrt ja nicht einer gewissen Ironie: bis vor noch nicht allzu langer Zeit waren Terrassen, wie die Gartenbeizen seit kurzem genannt werden, in der Altstadt praktisch non-existent. Heute werden mediterrane Nächte gefordert und ein Restaurant ohne bewirteten Aussenbereich kann kaum mehr erfolgreich wirtschaften.

Also, auf ins Freie, es erwartet Sie in der Gartenbeiz, Ihr

Felix