Zufahrt nur noch bis 12 Uhr mittags

Nach vielen Jahren auf dem Instanzenweg tritt am 1. Juni die so genannte Altstadtzone in Kraft. Fortan sollen die Gassen in der zweiten Tageshälfte vorwiegend den Fussgängerinnen und Fussgängern gehören und somit vermehrt zum Flanieren einladen.

Seit 1991 liefen die Vorbereitungen, auch in der Arbeitsgruppe Verkehr des Quartiervereins, und anfangs 1993 wurde die so genannte Altstadtzone polizeilich ausgeschrieben. Und schon kamen die Einsprachen, die das Vorhaben immerhin zwölf Jahre verzögerten und alle Instanzen bis zu Bundesrat und Bundesgericht beschäftigten. Jetzt ist es also soweit.
Die neuen Verkehrsvorschriften gestatten die Zufahrt für den Güterumschlag und zum Aus- und Einsteigenlassen in der Altstadt rechts der Limmat nur noch von morgens 5 bis 12 Uhr, anstatt wie heute bis 19 Uhr. Das ist auch schon die Hauptsache.
Wenn man etwas genauer hinschaut, erkennt man Ausnahmen. Zunächst geografisch: Das betreffende Gebiet umfasst die Altstadt rechts der Limmat zwischen Limmatquai, Bellevue, Rämistrasse, Hirschen- und Seilergraben bis zum Central. Ausgenommen davon ist zunächst die Mühlegasse als wichtige Querachse und der Spickel zwischen Mühlegasse, Seilergraben und Zähringerstrasse. Hier bleibt alles unverändert, also ohne zeitliche Einschränkungen. Ebenfalls ausgenommen ist, auf regierungsrätliche Intervention hin, der Zähringer- und der Predigerplatz. Hier ist die Zufahrt weiterhin von 5 bis 19 Uhr gestattet, ebenso an der Unteren Zäune. – Weitere Ausnahmen betreffen die Berechtigungen: Weiterhin jederzeit möglich ist die Zufahrt für Hotellogiergäste zum Gepäcktransport, für Taxis auf Bestellung, für Zustelldienste und für Berechtigte mit Bewilligung. Und selbstverständlich wird niemand Rettungsfahrzeugen die Zufahrt verweigern wollen. Die bisherigen Zufahrtsbewilligungen für Fahrzeughalter mit Privatparkplatz etc. bleiben gültig, die Bezugsberechtigung bleibt unverändert. Bei der Dienstabteilung Verkehr
an der Mühlegasse 18 sind zudem auch Spezialbewilligungen für begründete Ausnahmefahrten erhältlich.

Intensivere Kontrollen
Und wie sieht das konkret aus? Fortan werden Tafeln die Fahrverbotszone signalisieren, die im «Kleingedruckten» auf die Ausnahmen aufmerksam machen. Wer sich von vornherein im Kleingedruckten ansiedelt und vorbeifährt, ohne dieses gelesen zu haben, muss sich auf die verschärften Kontrollen der Polizei gefasst machen. Mit diesen will man nämlich, ähnlich wie beim Limmatquai geschehen, das neue Regime durchsetzen. Verzichtet wird also auf das Errichten zusätzlicher Barrieren,
die dem neuen Verbot Nachdruck verschaffen könnten. Wobei (siehe Altstadt Kurier vom April) am Zähringer- und Predigerplatz die bestehenden Barrieren ersetzt werden durch versenkbare Poller, die erst um 19 Uhr in Erscheinung treten und sich diskret, aber bestimmt in den Weg stellen. Einzelne Pfosten werden dann gleichwohl gesetzt, an vier neuralgischen Stellen im Niederdorf.
Acht in der Obmannamtsgasse liegende Parkplätze werden aufgehoben, konsequenterweise. Es gibt dann in der ganzen «Zone» keine öffentlichen Parkplätze mehr. Ersetzt werden sie ganz in der Nähe, am Hirschengraben. Die Parkplätze an der Unteren Zäune bleiben dagegen bestehen und erreichbar bis 19 Uhr.

Engpässe befürchtet
Apropos: Das Limmatquai bleibt vorderhand von dieser Neuregelung ausgenommen, das heisst, es gibt keine zeitliche Beschränkung für die Anlieferung etc. Das könnte sich mit dessen Neugestaltung jedoch ändern, wie bei der Dienstabteilung Verkehr zu erfahren war. Dann nämlich wird man das Limmatquai möglicherweise mit einschliessen in diese Zone. – Wer sich heute umsieht, erkennt, dass ohnehin ein grosser Teil der Anlieferung in den Morgenstunden abgewickelt wird, damit die Geschäfte und Restaurants eingedeckt sind für den Tag. Dass es mit den neuen Restriktionen vermehrt zu Friktionen kommen wird, ist trotzdem abzusehen. Da braucht es bestimmt auch eine Gewöhnungszeit. Anwohnende müssen ihre Transporte ebenso weitsichtiger planen wie die Geschäfte, Gewerbe- und Restaurationsbetriebe.
Eine Abhilfe schaffen könnte das von der Geschäftsvereinigung Limmatquai/ Dörfli propagierte Bündeln der Anlieferungen. Sei es durch bessere Koordination, sei es durch Einkaufsgemeinschaften. Ziel ist es, dass sich die Lieferanten nicht gegenseitig behindern, in der doch kurzen Zeitspanne der Anlieferung.

Attraktiveres Flanieren
Die hinter der ganzen Übung stehende Absicht war übrigens nicht eine Schikanierung motorisierter Zeitgenossen im Allgemeinen und des Gewerbes im Speziellen. Sinn und Zweck des neuen Regimes ist vielmehr eine Konzentration des Verkehrs auf die Stunden mit geringerem Fussgängerverkehr. Gegen Mittag, wenn die Altstadt sich zunehmend bevölkert mit Leuten, die ihre Mittagspause verbringen oder schon zum nachmittäglichen Bummel aufbrechen, sollen die Gassen frei sein. Platz bieten, sich bei angenehmer Witterung im Freien niederzulassen und die Atmosphäre zu geniessen. Ein Durchkommen bieten, wo kurz zuvor dicke Brummer anlieferten und damit die Voraussetzung dafür schafften, hier überhaupt etwas konsumieren, einkaufen zu können.
So ist zu hoffen, dass das neue Nacheinander anstelle des heutigen Neben- und Durcheinanders der verschiedenen Nutzungen unserer Gassen von Gewinn für möglichst alle sein wird.

Elmar Melliger