Ob tief oder hoch: es wird gebaut

Im Grund und in die Höhe, in der Altstadt stehen etliche Bauprojekte bevor oder deren Realisierung hat bereits begonnen. Dies vor allem rechts der Limmat, aber auch links.

Nerven kann sie schon, die ewige Bauerei. Überall werden Löcher und Gräben aufgerissen, um die herum man zu zirkeln hat, zu Fuss, mit Kinderwagen oder Rollator, mit Gefährten aller Art. Und der Lärm, zeitweise ohrbetäubend. Wer ein Gewerbe betreibt, einen Laden führt oder ein Restaurant, kann ins mehrstimmige Klagelied einstimmen. Wie bloss soll man die Kundschaft, die Gäste erreichen und zufriedenstellen?
Andrerseits: Man kennt Altstädte andernorts, deren Bauten auf den ersten Blick pittoresk scheinen, mit ihrem schadhaften Mauerwerk, die jedoch dem Zerfall überlassen sind, ein Jammer und grosser Verlust.
In der Zürcher Altstadt wird in absehbarer Zeit mehr als gewöhnlich gebaut, wie es den Anschein macht.

Werkleitungsbau
Der Werkleitungsbau in der Altstadt rechts der Limmat hat anfangs Jahr begonnen (der Altstadt Kurier hat berichtet). Er umfasst sämtliche Gassen und Strassen der Altstadt rechts der Limmat und betrifft Wasserversorgung, Energie 360 und EWZ. Dies über eine Bauzeit von sechs Jahren, bis Ende 2028. Gebaut wird nach einem ausgeklügelten Zeitplan in Etappen und Teilgebieten. Auf diese Weise kommt man im Tiefbauamt den unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen entgegen. Beispielsweise wird in Gassen mit reger Sommergastwirtschaft in der kalten Jahreszeit gebaut, damit der Betrieb trotzdem funktioniert.
Zu reden gegeben haben die Installationsplätze, die eine Einschränkung der gewohnten Nutzung darstellen, unansehnliche Kolosse mit teils regem Verkehr von Baufahrzeugen. Das Fazit nach mehreren Anläufen, hier etwas zu verändern: Die Installationsplätze an der Unteren Zäune, am Hirschengraben, an der Kirchgasse beim Grossmünster, auf dem Predigerplatz: Sie alle bleiben über die ganze Bauzeit bestehen. Zu knapp der Platz in der Altstadt und zu hoch die Kosten, sie anderswo hin zu verlegen.
Beim Central ist ein Teilstück bereits fertiggestellt, inklusiv definitiver Pflästerung. Aktuell wird an der Kirchgasse gearbeitet.
Von Oktober bis März/April 2024 kommen die Neustadtgasse, Schlosser-, Franken- und Trittligasse dran. Ebenso gebaut wird dann um den Hirschenplatz, an der Spitalgasse und Brunngasse und hinunter bis zum Limmatquai. Ebenfalls von Oktober 2023 bis März/April 2024 wird am Limmatquai zwischen Rathaus- und Münsterbrücke gebaut. Das Teilstück von der Rathausbrücke flussabwärts ist von Oktober 2024 bis ca. Juli 2025 geplant.
Das Tiefbauamt informiert regelmässig über die bevorstehenden Etappen. Das nächste Treffen Interessierter mit der Bauleitung findet statt am Donnerstag, 7. September, von 9 bis 10 Uhr im Karl der Grosse an der Kirchgasse 14. Aktuelle Infos finden sich unter www.stadt-zuerich.ch/doerfli.

Mühlesteg
Geradezu niedlich nimmt sich daneben das Projekt Mühlesteg aus, der die Limmat zwischen Rudolf-Brun- und Bahnhofbrücke überbrückt. Hier gilt es notwendige Reparaturen auszuführen, von August bis Dezember 2023, wie Evelyne Richiger vom Tiefbauamt erklärte. So werden die Holzplanken durch Betonbohlen ersetzt, welche länger halten sollten, der Rostschutz wird erneuert. Und, dafür ist der Steg bekannt geworden: Die als Liebesbezeugungen angebrachten Schlössli; sie müssen entfernt werden, denn die Seitenwände werden durch ein neues, engmaschigeres Gitter ersetzt. Für die Reparaturarbeiten werden 2.85 Millionen Franken veranschlagt. Ob man die Schlössli irgendwo abholen kann, das sei noch in Abklärung, sagte Evelyne Richiger. Am neuen Gitter angebrachte Schlössli würden auf Zusehen hin geduldet.

Rathaus-/Gemüsebrücke
Das wuchtigste Projekt im Limmatraum betrifft den Ersatz der 1972/73 erbauten und bereits sanierungsbedürftigen Rathausbrücke, im Volksmund Gemüsebrücke genannt. Der Hochwasserschutz macht den Ersatz der Brücke nötig für den Fall, dass durch den geplanten Entlastungsstollen Wasser aus dem Sihlsee von Langnau nach Thalwil in den Zürichsee geleitet wird, so die Berechnungen.
Die Realisierung des Projekts inklusive Flussbettabsenkung ist von 2025 bis anfangs 2028 vorgesehen und beinhaltet Kosten von 38 Millionen Franken. Allerdings steht hier noch eine städtische Volksabstimmung bevor, wie Evelyne Richiger vom Tiefbauamt ausführte.
Die Gemüsebrücke hat seit dem Mittelalter Platzcharakter, hier hat über Jahrhunderte der Gemüsemarkt stattgefunden. Dieser soll auch auf der neuen, trapezförmigen Brücke wieder Platz finden, wie auch das Karussell «Rösslirytschuel». Allerdings sieht das Projekt keine fixen Aufbauten mehr vor, womit der beliebte Kiosk und Verpflegungsangebote verschwinden würden. Damit die Überquerung der Limmat an dieser Stelle möglich bleibt, wird vor dem Abbruch der heutigen Brücke eine provisorische Ersatzbrücke erstellt.

Rathaus
In den nächsten Jahren muss im Ende des 17. Jahrhunderts erbauten Rathaus unter anderem der Ersatz der Gebäudetechnik – insbesondere die Lüftungsanlagen – angegangen werden. Gleichzeitig soll die Liegenschaft – soweit möglich – auch betrieblich optimiert werden, sodass auch in Zukunft ein moderner und zeitgemässer Ratsbetrieb gewährleistet werden kann.
Geplant ist, den Ratssaal nach dem Einbau einer Zwischendecke ins 2. Obergeschoss zu verlegen, um 50 Quadratmeter zu vergrössern und mit Einzelstühlen anstelle der unbequemen Bänke neu zu möblieren.
Die Bauherrschaft liegt beim Kanton. Vor der Realisierung ist noch eine Volksabstimmung nötig. Je nach zur Ausführung gelangender Variante betragen die Kosten zwischen 18 und 33 Millionen Franken, wie Thomas Maag von der Baudirektion auf Anfrage erklärte.
Die baulichen Massnahmen werden mit dem Ersatzneubau der Rathausbrücke koordiniert und dürften von Mitte 2025 bis Ende 2026 dauern.

St. Peter
Auch in der Altstadt links der Limmat gibt es Bauprojekte. So stehen Bauarbeiten bei der Kirche St. Peter bevor. Der Kreditantrag bei der Kirchenpflege der Stadt Zürich über 6.8 Millionen Franken ist gestellt, wie Roman Schiltknecht, beim Kirchenkreis eins Altstadt zuständig für die Liegenschaftsbetreuung, erklärte. Dessen Gutheissung vorausgesetzt, dauern die Arbeiten zunächst von Juli bis Ende Oktober 2024. Im November und Dezember werden sie unterbrochen – damit die Kirche genutzt werden kann – und von Januar bis September 2025 zu Ende geführt.
Sie umfassen eine Innensanierung des Dachs, die Wärmedämmung sowie die Technik: Lüftung, Licht- und Audiosteuerung, Erneuerung der WC-Anlagen. Ausserdem soll die heute abgestufte Empore eben und rollstuhlgängig werden. Auch die Aussenfassade wird saniert. Während der Bauarbeiten bleibt die Kirche St. Peter geschlossen.
Die Kirche ist übrigens im Eigentum der Kirchgemeinde Zürich, während der Turm der Stadt gehört.

Grossmünster
Dem Kanton wiederum gehört das Grossmünster, das seinerseits vor umfangreichen Substanzerhaltungsarbeiten steht, innen wie aussen. Dazu hat der Regierungsrat einen Kredit von 35 Millionen Franken bewilligt. Die Arbeiten – unter laufendem Betrieb – starten im Juli 2023 und dauern in einem mehrstufigen Prozess bis Ende 2028.

Weitere Projekte
Wie bereits berichtet (Altstadt Kurier, Juli 2022) wird das Amtshaus III am Werdmühleplatz umfassend saniert, von 2024 bis 2027.
Ausserdem steht in nicht allzu ferner Zukunft eine Grossbaustelle beim Bahnhof Stadelhofen bevor – Ausbau Bahnhof Stadelhofen –, mit einer Bauzeit von zehn Jahren und mit Start Mitte 2027.
Doch bis dahin fliesst ja noch etwas Wasser die Limmat hinunter.


Elmar Melliger