Veränderungen beim Gewerbe
Bei der gewerblichen Nutzung von Liegenschaften gibt es immer wieder Veränderungen. – Ein kurzer Rundgang mit einigen Beispielen, in der Altstadt rechts der Limmat.
Betritt man die Altstadt beim Central über die Zähringerstrasse, so scheint zunächst alles beim Alten zu sein. Doch ist seit Februar 2023 bekannt, dass die Arthouse-Gruppe den Ende 2023 auslaufenden Mietvertrag für das Kino Alba nicht verlängern wird. Die Kinobranche hat durch die Corona-Pandemie stark gelitten, und auch sonst sind die goldenen Zeiten vorbei. Das Streaming von Filmen ist zur grossen Konkurrenz geworden. Es gelte, teilte das Unternehmen mit, das Kinovergnügen mit der Grossleinwand durch ein Angebot davor und danach attraktiv zu ergänzen. Das für alle sieben seiner Säle zu leisten, fehlten dem Unternehmen die finanziellen Mittel, beim denkmalgeschützten ehemaligen Theatersaal aus dem Jahr 1951 des Kinos Alba fehlt dafür auch der Platz und der Spielraum. Ende Dezember geht hier nach 65 Jahren Kino das Licht aus. Traurig ist das.
Gleich eine Türe weiter, an der Zähringerstrasse 38, bleibt es am Abend dunkel. Der «Bonnie Prince Pub» ist ausgezogen, sang- und klanglos verschwunden. Der Raum mit der stimmungsvollen Bar ist ausgeräumt, es herrscht gähnende Leere.
Von Vegi zu Burger
An der Niederdorfstrasse 30 wurden seit anfangs der 1980er-Jahre, damals ein Novum in der Schweiz, Burger, Fast Food, verkauft, zuerst im «Burgerland». Später hat «McDonald’s» das Lokal übernommen, um vor einigen Jahren wegen abnehmender Besucherfrequenzen den Betrieb einzustellen. Die Stiftung Enzian, die geschützte Arbeitsplätze anbietet, bot nun im Restaurant «Enzian» frische regionale Produkte an, aus eigenem Garten und eigener Bäckerei. Zuletzt hat das Konzept mit rein veganer Küche dann doch nicht so funktioniert, wie der Geschäftsführer Thomas Paulin durchblicken liess: «Besser laufen kann es immer.» Vor allem sei alles zu gross und zu umständlich gewesen und man wolle sich auf andere Projekte konzentrieren. Und so wurde das «Enzian» vor einigen Monaten geschlossen.
Und wer wohl hat hier denn nun am 28. September ein neues Lokal eröffnet? Es ist «Burger King»! Womit sich der Kreis von Fast Food zu veganer Kost und zurück zu Fast Food geschlossen hat.
Weitere Wechsel
Etwas weiter vorn, an der Brunngasse 6, wo viele Jahre der «Läbis 1» das Quartier mit Lebensmitteln versorgt hat und seither mehrere Nutzungen gescheitert sind, ist vor einem Jahr mit «Obbjekt» ein Geschäft mit Vintagemöbeln, Raritäten und schönen Objekten eingezogen. Mit viel Herzblut haben die beiden Cousins Christoph Bommer und Daniel Berger den Laden eingerichtet und betrieben. Doch zuletzt, bei aller Liebe zum Detail und bei aller Ästhetik, hat es nicht gereicht, hat man die erwarteten Umsätze nicht erzielt. Unter anderem, erklärten sie, hätten sie das Handicap unterschätzt, dass man vor dem Laden nicht einfach zufahren kann. Das hätten besonders ältere Kunden an ihrem früheren Standort oft getan. Kurz vorbeigeschaut, ob gerade etwas Passendes zu finden ist. Das hätte hier gefehlt. Schweren Herzens geben sie ihr Geschäft per Ende Oktober auf. Schade um den originellen Laden. Die städtische Lokalität ist bereits wieder ausgeschrieben: 122 Quadratmeter Ladenfläche und im Hofgebäude 55 Quadratmeter Lager.
Schräg gegenüber war jahrzehntelang die «Lucy’s Bar». Nach Wirtewechseln ist die früher hochfrequentierte Dorfkneipe ins Trudeln geraten und hat sich nicht mehr erholt. Die Stammgäste sind ausgeblieben, neue kamen wenige dazu. Der Raum ist völlig leer, die schöne Bar verschwunden. Die Hauseigentümer haben genug und werden die Lokalität als Laden vermieten.
Neuer Kiosk
An der Münstergasse 29, direkt angrenzend an den «Saftlade», war jahrzehntelang ein Kiosk, bis die Betreiberin sich zurückzog. Dem Hauseigentümer Beat Curti war es indessen ein Anliegen, dass hier ein Kiosk sei, und er hat das unterstützt. In der letzten Zeit waren hier verschiedene Zwischennutzungen, zu neudeutsch Pop-ups. Vor einigen Monaten hat der «Saftlade» den Kiosk übernommen, um den Platz zu beleben. Resp. die Familie Toth, Ivette und die zwei Töchter Nathalie und Nicole, bietet hier ihre Chimney Cakes an, eine Spezialität aus Ungarn, aus Siebenbürgen, ein frisch zubereitetes schmackhaftes Gebäck. Daneben gibt es das klassische Kioskangebot, allerdings möglichst aus regionaler Produktion. Neben einigen Zeitungen und Zeitschriften sind dies Zigaretten der Marken Sullana und Parisienne, Süssigkeiten in Bio-Qualität, Getränke wie Goba, Vivi Cola, Flauder, Snacks von der Biomarkthalle «Vitus», Glaces von Sorbetto, im Winter Glühwein.
Am Rindermarkt 5 eröffnet die Familie Toth übrigens im November sozusagen eine Filiale: das «Toth’s Chimney Coffee», wo sie ausserdem Gipfeli und Sandwiches anbietet.
Hüsler Nest
Für Altstadtverhältnisse riesig ist das neue Geschäft am Limmatquai 106 (bis anhin «Ampliphon»), «Hüsler Nest», wo auf zwei Etagen auf ca. 500 Quadratmetern Schlafmöbel und anderes angeboten werden. Ermöglicht wurde diese Vergrösserung durch den Verzicht des Nachbargeschäfts «Central Power» (an der Niederdorfstrasse 39) auf einen Teil seiner bisherigen Fläche, wie die Filialleiterin Jessica Andrich erklärte.
Probeliegen im Obergeschoss mit Blick auf die Limmat: bestechend. Neben Betten, Schlafsofas, Beimöbeln, Schränken, Duvets, Textilien, Accessoires gibt es ein beschränktes Angebot an Esstischen, Stühlen und Lampen. Das 40-jährige Familienunternehmen aus Grenchen mit acht Läden (plus Wiederverkäufern) und Produktion in der Schweiz setzt bei seinen Produkten auf Naturmaterialien und Nachhaltigkeit. Betten aus Massivholz gibt es aus 18 verschiedenen Holzarten. «Hüsler Nest» sieht sich als «Premium-Marke», was bedeutet: hohe Qualität, nicht ganz billig. Bisher an der Seefeldstrasse, hat man vor einigen Monaten den neuen Standort am Limmatquai bezogen und schätzt sich glücklich über die tolle Lage.
Seidenmann
Zentral gelegen und doch etwas versteckt, unter den Bögen im Haus der Museumsgesellschaft am Limmatquai 62 war elf Jahre das Fachgeschäft «Seidenmann». Weil das Haus in absehbarer Zeit umgebaut wird, war der Inhaber Andreas Hurr seit zwei Jahren auf der Suche nach einer neuen Adresse. Und die hat er nun gefunden, am Limmatquai 18. Wie auf dem Präsentierteller offenbart sich das neue Geschäft im Eckhaus gegenüber der Wasserkirche. Wie am alten Ort ist im Obergeschoss das Atelier und im Erdgeschoss der Laden angesiedelt. Allerdings ist die Fläche dreimal so gross, statt 66 neu 180 Quadratmeter. Andreas Hurr, der das Geschäft zu zweit führt und vielleicht noch jemand einstellen wird, deckt alles ab vom Entwurf im Atelier über die Produktion im Appenzell und in Como bis zum Verkauf. Es sind dies Foulards, Schals, Krawatten, Fliegen, Pochetten. Anders als der Name suggeriert ist nicht alles aus Seide, sondern auch aus Wolle, Kaschmir, Baumwolle. Er bietet Accessoires für Damen und Herren: «Alles, was sich als Geschenk eignet», wie er sagt. Also keine Kleider. Mit dem Start am neuen Ort am 4. Oktober bringt er die neue Kollektion in den Verkauf. Zweimal jährlich im Frühling und im Herbst präsentiert er 30 neue Kollektionsteile. Auch er ist glücklich über den neuen, lichtdurchfluteten Standort.
Elmar Melliger