Kirchen im Umbau

Die Altstadtkirchen sind in einer Phase der Veränderungen und Erneuerungen. Gemeint sind Wechsel in wichtigen Ämtern ebenso wie bauliche Renovationen und Innovationen.

Die Häufung der Veränderungen ist zum Teil ganz einfach dem Zufall zuzuschreiben. Pfarrer erreichen das Pensionsalter, bauliche Sanierungen werden notwendig. Doch zu verzeichnen sind sie trotzdem. Über die Wirkung dieser Veränderungen liesse sich spekulieren. Für den Augenblick mag es genügen, sich einen Überblick zu verschaffen.

St. Peter
Vor zwei Jahren hat Thomas Bär die Nachfolge des langjährigen Präsidenten der Kirchenpflege, Max Flückiger, angetreten. Und längst gibt es alle Hände voll zu tun. Denn die Kirche St. Peter existiert in ihrer heutigen Form seit dem Jahr 1706, was heuer mit einer Vielzahl von Veranstaltungen gefeiert wird. Höhepunkt wird im Herbst das Erscheinen des von Peter Ziegler verfassten Buches «300 Jahre St. Peter» sein.
Auskunft über die Jubiläumsfeierlichkeiten gibt ein Faltblatt, das in der Kirche aufliegt, zudem die Homepage: www.st-peter-zh.ch. Das Jahr 2006 ist zudem das letzte Amtsjahr von Pfarrer Andres Boller, der auf Ende Jahr in die verdiente Pension geht; siebzehn Jahre war er Pfarrer am St. Peter. Derzeit ist eine Pfarrwahlkommission auf der Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Auf ein Stelleninserat hin sind rund fünfzig Bewerbungen eingegangen, wie Thomas Bär erklärte.

Fraumünster
Kaum waren letztes Jahr die Gerüste abgebaut und die Kirche Fraumünster erschien mit aufgefrischtem und verjüngtem Äusserem, da stand auch schon die nächste Renovation auf dem Programm: die Innensanierung. Die auf das Jahr 853 zurückgehende Kirche, die seither mehrmals erweitert und umgebaut wurde, wird im Wesentlichen auf den Stand von 1912 gebracht, als der Stadtbaumeister Gustav Gull die Kirche saniert hatte. Für die Innensanierung wurde im November 2005 ein Kredit von 3,75 Millionen Franken bewilligt. Sie soll den «Gull’schen Charakter» belassen (Bänke, Täferungen, Bodenbeläge, Wiedermontage der Gull-Leuchten). Ferner umfasst sie die Erneuerung der Heizung, der elektrischen Anlagen, der Akustiksysteme, die Restaurierung respektive Konservierung zahlreicher Wandmalereien, ebenso die Sanierung eines Giacometti-Fensters und Steinmetz- und Malerarbeiten (Architekt: Peter Fässler). Auch die 6000 Pfeifen umfassende Orgel von 1953 wird mit separatem Kredit revidiert. Die Arbeiten begannen nach Ostern, und man hofft, Weihnachten wieder im Fraumünster feiern zu können. Derzeit geniesst die Kirchgemeinde Gastrecht im St. Peter, wo die Gottesdienste teils gemeinsam, teils zeitlich gestaffelt, gefeiert werden. Einmal ist auch ein «Baugottesdienst» im derzeit leer geräumten Fraumünster geplant. Auf Ende 2004 hat übrigens der heutige Pfarrer, Niklaus Peter, seine neue Aufgabe angetreten, als Nachfolger des in Pension gegangenen Pfarrers Klaus Guggisberg.

Predigern
Was im Fraumünster in vollem Gang ist, plant die Kirchgemeinde zu Predigern für nächstes Jahr. Sie hat an ihrer Versammlung vom 21. April einen (durch den Stadtverband noch zu genehmigenden) Kredit über 2,2 Millionen Franken bewilligt für die Innensanierung der Kirche. Als Architekt wirkt ebenfalls der in Kirchensanierungen erfahrene Peter Fässler, der auch die im letzten Jahr erfolgte Aussensanierung und eine frühere Turmsanierung leitete. Die Arbeiten umfassen Reinigungs- und Malerarbeiten an Wänden und Decke, die Erneuerung der Elektroinstallationen, der Heizung, der Lichtanlage. Ebenso wird in dem im Jahr 1900 von Gustav Gull erbauten Turm, dem höchsten Kirchturm der Stadt, der Lift ins Untergeschoss geführt, wo unter anderem eine Küche eingebaut wird, damit man die Funktion des Kirchgemeindehauses in der Kirche haben kann, denn das frühere Kirchgemeindehaus wurde für 50 Jahre dem Kanton überlassen. Diese Arbeiten sind vorgesehen zwischen Ostern und Herbst 2007. Daniel Lienhard, der die Kirchgemeinde mit grossem Engagement leitet, wurde einstimmig für eine fünfte Amtsdauer gewählt. Seit anfangs Jahr hat Predigern mit Renate von Ballmoos erstmals eine Pfarrerin, als Nachfolgerin des in Pension gegangenen Pfarrers Peter Wittwer. Dieser hatte die Ausrichtung der Kirche als offene Kirche, die neben der Ökumene auch den interreligiösen Dialog pflegt, in die Wege geleitet.

Grossmünster
Bereits vor einigen Jahren wurde mit Käthi La Roche die erste Frau zur Pfarrerin am Grossmünster gewählt. Ihr zur Seite steht Pfarrer Christoph Sigrist, der eine halbe Stelle innehat. An der Kirchgemeindeversammlung vom 27. April wurde Peter Wiesendanger zum neuen Präsidenten gewählt. Dieser tritt damit die Nachfolge von Claude Lambert an, der sich nach dem Tod von Georg Weber vor anderthalb Jahren als Interimspräsident zur Verfügung gestellt hatte. – Auch die Kirchgemeinde Grossmünster hat ein grosses Projekt vor sich. Sie hat profanere Sanierungsprojekte (Licht- und Tonanlage zum Beispiel) hintan gestellt und sich nach der im letzten Jahr erfolgten Sanierung des Glockengeläutes an eine grosse kreative Aufgabe gewagt: die Gestaltung neuer Kirchenfenster. An ihrer Versammlung erfuhren die Kirchgemeindemitglieder als erste vom Resultat des Wettbewerbs, erkoren durch eine mit namhaften Persönlichkeiten besetzte Jury. Das Projekt des renommierten deutschen Malers Sigmar Polke hat die Jury überzeugt und soll demnach zur Ausführung gelangen. Dieser hat die Gestaltung der hinteren sieben Fenster des Kirchenschiffs in Achat vorgeschlagen (Bild): Feine Scheiben dieses Halbedelsteins sollen das Licht durchschimmern lassen. Die vorderen fünf Fenster, zum Chor hin also, sollen heller sein und die Menschwerdung Christi versinnbildlichen. In der zweiten Hälfte des nächsten Jahres sollen die Fenster eingebaut werden. Übrigens werden keine der bemalten Fenster, weder die Giacometti-Fenster im Chor noch die Apostelfenster hinten, tangiert, sondern allein die übrigen zwölf der unteren Fenster des Kirchenschiffes sowie ein Fenster in der Zwölfbotenkapelle. – Finanziert wird das Projekt aus einem Legat für kulturelle Zwecke, wobei anzumerken ist, dass der bekannte Maler so fasziniert ist von dieser Aufgabe, dass er weit unter seinem üblichen «Tarif» arbeitet: Das Kunsthaus bezahlte letztes Jahr für eines seiner Bilder rund das Doppelte der betreffenden Summe, nämlich 600 000 Franken. Zu sehen sind alle fünf eingereichten Projekte in einer Ausstellung vom 24. August bis 24. September im Grossmünster.

Liebfrauen
Im Übrigen, um auch die katholische Kirchgemeinde Liebfrauen zu erwähnen, die zwar knapp ausserhalb der Kreisgrenze liegt, deren Gebiet jedoch Teile des Kreises 6 sowie die Altstadt rechts der Limmat umfasst: Hier wurde soeben ein neuer Präsident gewählt, nämlich der in der Altstadt wohnende Urs Bauer. Und bereits ist er damit befasst, mit einer Pfarrwahlkommission einen neuen Pfarrer zu suchen, als Nachfolger des zum allgemeinen Bedauern Mitte Jahr zurücktretenden Pfarrers Reto Müller.

Auch eine Erneuerung
Ein kleiner Nachtrag noch: Ganz im Sinn des Weiterbestehens bei immerwährender Erneuerung, hier ohne beobachtbare Häufung, haben sich auch in diesem Frühjahr wieder die Dohlen im rechten Turm des Grossmünsters zum Nisten niedergelassen. Und gegenüber, im Turm des Fraumünsters hinter dem Zifferblatt der Turmuhr, in Richtung Münsterhof, da brüten die Alpensegler ihre Jungen aus.

Elmar Melliger