Wenn Raum und Zeit knapp sind

In der Altstadt hat es in letzter Zeit einige Änderungen gegeben beim Verkehrsregime, grössere und kleinere. Wie wirken sich diese aus, und was ist noch zu erwarten? Ein kleiner Rundgang.

In der Altstadt rechts der Limmat ist seit Längerem das im Volksmund «Altstadtzone» genannte Regime in Kraft. In diesem Gebiet besteht ein Fahrverbot. Ausgenommen sind berechtigte Fahrten von Taxis, Hotelzufahrt sowie die Zufahrt zum Güterumschlag und zum Aus- und Einsteigenlassen von 5 bis 12 Uhr. Das Zeitfenster für all diese Nutzungen ist klein, die Hektik manchmal gross. Und wie das nicht anders zu erwarten war: Der Verkehr in der übrigen Zeit hat abgenommen. Allerdings tummelt sich dennoch einiges auf vier Rädern, und ein grosser Teil davon legal, denn es gibt viele Ausnahmebewilligungen für Anwohner, Geschäfte wie auch für Handwerker im Dienst. Bewährt aus polizeilicher Sicht haben sich einige Pfosten, die das beliebige Befahren der Altstadt verhindern, etwa bei der Stüssihofstatt oder an der Marktgasse, etwas weiter oben. Wer einfahren will, muss sich also überlegen, wohin es gehen soll. Neben diesen «Schikanen» hat es dafür Erleichterungen gegeben: So kann von der Brunngasse her der Hirschenplatz seit einiger Zeit überquert und die Altstadt über die Rosengasse zum Limmatquai verlassen werden, statt wie zuvor eine Schlaufe fahren zu müssen.
Was von Anwohnenden bemängelt wird, ist die frühe und oft lärmige Anlieferung. Teils werde schon um 4 Uhr früh damit begonnen, was nicht legal ist. Auch spätere Lieferanten müssen jedoch unnötigen Lärm vermeiden, bis 7 Uhr sowieso.

Velo-Querverbindungen
Wie haben sich denn die neuen Querverbindungen für Velofahrerinnen und Velofahrer ausgewirkt, die seit Dezember offiziell sind? Seither kann man ja die Altstadt an vier Stellen durchqueren, in beiden Richtungen: Über die Torgasse, über die Kirchgasse, über Neumarkt, Rindermarkt, Marktgasse zum Limmatquai sowie über Prediger- und Zähringerplatz zur Mühlegasse führen die legalisierten und signalisierten Routen. Bisher, wir sind am Ende der kalten Jahreszeit, gab es wenig Anlass zu Klagen, wenn es auch immer schwarze Schafe gibt, die mit unangepasster Geschwindigkeit durch die Gassen rasen. Mit steigenden Temperaturen steigt die Zahl der Velofahrenden und das Fussvolk hält sich wieder im Freien auf. Da wird man sehen… Auch wieweit sich die Radfahrer an die vorgegebenen Routen halten und der Veloverkehr sich nicht quer zur Querung ins Quartier feinverteilt. Berechtigt dazu sind Anwohnende unterwegs nach Hause. In diesen Tagen startet übrigens eine Plakataktion, die drei Wochen lang die Velofahrer zu Rücksicht auffordert – und die Fussgänger zu Verständnis.

Schleichweg Kirchgasse
Auf Wunsch der Denkmalpflege, so hört man, und zur Sicherheit der Velofahrer wurde die Barriere auf halber Höhe der Kirchgasse entfernt. Wobei die Signalisierung das Tempo für Velos angibt – Schritttempo –, es also mit der Unfallgefahr nicht so weit her sein kann. Und Fussgänger ja ohnehin Vortritt haben, wie es auf der Tafel weiter heisst.
Nun hat sich als unerwünschter Nebeneffekt das eingeschlichen, weshalb die Barriere seinerzeit angebracht worden war: Schleichverkehr. (Bis 19 Uhr, danach sorgt oben ein Mitarbeiter der Securitas für kontrollierte Einfahrt.) Wobei diese motorisierten illegalen Schleicher gar nicht so behutsam unterwegs sind; das Wort täuscht. Vielmehr geht es gewieften Kennern der Strassen und Gassen darum, die Kirchgasse als Abkürzung zu benutzen, um einen Stau zu umfahren. Und um auch wirklich Zeit zu sparen, drücken sie kräftig aufs Gaspedal, weshalb es immer wieder zu gefährlichen Situationen kommt. Auf diesbezügliche Anfrage bei der Stadtpolizei hat man unverzüglich eine Kontrolle veranlasst. Denn nicht einmal Taxis ohne Auftrag dürfen die Altstadt durchqueren oder auf dem gesperrten Teil des Limmatquais fahren. – Ob irgendwann wieder eine Sperre errichtet wird?

Limmatquai
Vom mittleren Teil des Limmatquais spricht man gern als «Flaniermeile», was insofern irreführend ist und eine nicht gegebene Sicherheit suggeriert, als es hier nach wie vor Fliessverkehr gibt. Da gibt es Lieferautos, Taxis, Rettungsfahrzeuge etc. auf der einen, die Trams auf der anderen Seite, die sich die Fahrspur teilen. Und ja, nicht zu vergessen, der Veloverkehr. Bleibt für das flanierende Volk die gepflästerte Fläche, früher Trottoir genannt. Um einem Tram auszuweichen, so wurde kürzlich von der Stadt kommuniziert, darf ein Velo auf den Fussgängerbereich. Allerdings nur bis das Tram vorbei ist und nicht zur Weiterfahrt zwischen den Spaziergängern hindurch. Hier darf man ebenso auf die Entwicklung in den warmen Monaten gespannt sein. Kontrollen bei Velofahrenden werden zwar immer wieder durchgeführt, sind aber eine heikle Sache. Vor allem, wenn es um Tempoüberschreitungen geht: Wie soll man denn ohne Tacho merken, dass man schneller als die hier erlaubten dreissig Stundenkilometer fährt? Diese Höchstgeschwindigkeit gilt übrigens auch für die Trams. – Allenfalls wäre auch hier eine Kampagne angezeigt: Velos auf die Fahrspur.

Zähringerplatz
Der neu gestaltete Zähringerplatz ist ein Spezialfall. Hier gilt Fahrverbot ab 19 Uhr. Ein Angestellter der Securitas wirkt als Pförtner. Für Berechtigte öffnete er die Barriere, um sie einfahren zu lassen. Seit der Neugestaltung haben Poller die Barriere abgelöst. Sie steigen hoch und versinken diskret wieder im Boden, auf Knopfdruck des Pförtners. Seit Längerem allerdings sind sie defekt, und stattdessen ist einer der guten alten Kegel im Einsatz, manuell betätigt… – Der Parkplatz wirkt aufgeräumt, nur noch zwei statt drei Autos sind zwischen den Bäumen geparkt. Einziges Handicap sind die edlen horizontalen Stangen, die zum Schutz der Bäume die Parkfelder begrenzen. Sie sind zu lang, weshalb das Einparken und Herausfahren einiges Geschick erfordert. Und weshalb schon etliche der Zweiräder, Velos und Motorräder, die neuerdings in langen Reihen den unteren Häusern entlang abgestellt werden, beim Manövrieren umgefahren worden sind. Dass die unzähligen Zweiräder den Eindruck der Auflockerung des Platzes optisch wieder aufheben, sei nur nebenbei erwähnt. Betreffend der überlangen Stangen werde man sich gegebenenfalls etwas überlegen, wenn das wirklich so gravierend sei, war beim Tiefbauamt zu erfahren. Wobei das mit Kosten verbunden wäre… Die Velos wegzubekommen, um Platz für einige Tische zu schaffen, wie das einige Anrainer wünschen, dürfte sich aus verschiedenen Gründen als weit schwieriger erweisen. – Leider wird, so eine weitere Beobachtung, der grosszügige Durchgang zur Predigerkirche regelmässig als Parklatz für Motorräder benutzt. – Vielleicht wird man doch nicht ganz ohne Bodenmarkierungen auskommen.

Rennweg
Ein kurzer Blick auf die linke Seite der Limmat: Seit Mitte August letzten Jahres ist im Rennwegquartier eine Fussgängerzone signalisiert. Und seit die eingezeichneten Parkfelder am Rennweg am Verblassen sind, hat auch die Zahl verbotenerweise parkierter Fahrzeuge abgenommen. Wobei die Signalisierung der Fussgängerzone ihre Tücken hat. Da ist nämlich keine Fahrverbotstafel zu sehen, weshalb schon viele Automobilisten gebüsst wurden, die sich keiner Schuld bewusst waren. Ansonsten hat sich diese Fussgängerzone dem Vernehmen nach recht gut entwickelt, und frühere Gegner derselben haben den Standpunkt gewechselt. (Auf den Rennweg kommen wir in der nächsten Ausgabe zurück.)
Im grossen Ganzen gibt es also weniger Verkehr in der Altstadt, doch einiges muss sich noch besser einspielen.

Elmar Melliger