Der Neubau wird zum Politikum

Vor der Sommerpause stellten SP und Grüne in der vorberatenden gemeinderätlichen Kommission einen Rückweisungsantrag betreffend Vergabe der Winkelwiese 10 im Baurecht.

Zuvor hatten achthundert Personen eine entsprechende Petition unterschrieben. Der Altstadt Kurier hat wiederholt über das Projekt berichtet. Hier ein Kommentar und zwei weitere Stellungnahmen:

Da stimmt etwas nicht!
Der geplante klotzige und protzige Neubau vom Architekturbüro Miller & Maranta, Basel, «erschlägt» die filigranen Nachbarhäuser Winkelwiese 5 (1836) und Winkelwiese 6 (1842) und die ganze Häuserzeile der Trittligasse. Dem Projekt kommt höchste Bedeutung für die Entwicklung der Altstadt und ihrer Bevölkerungsstruktur zu. Der Umstand, dass die Stadt Zürich zahlreiche Liegenschaften in der Altstadt besitzt, hat von jeher für eine ausgewogene Bevölkerungsstruktur gesorgt. Zwar wurden die Mieten in vielen Fällen angehoben, doch hat diese Massnahme nicht zu einer Verdrängung der angestammten Bevölkerung geführt. Viele Wohnungen haben auch Familien mit Kindern die Möglichkeit gelassen, in der Altstadt zu leben. – Sollte das vorliegende Projekt Schule machen, so muss befürchtet werden, dass auch andere städtische Liegenschaften – den zu erwartenden Beteuerungen zum Trotz – im Baurecht an Private abgegeben werden und entweder zu reinen Renditeobjekten werden oder aber nur noch einer äusserst zahlungskräftigen Schicht zugänglich. Es ist nicht einzusehen, dass dieses Areal von 2700 Quadratmetern für 62 Jahre der Altstadtbevölkerung entzogen werden soll. Zudem beinhaltet ein Baurechtsnehmer keine stabilen Verhältnisse. Es steht ihm frei, seinen Vertrag weiter zu veräussern und sein Domizil an einen steuergünstigeren Ort zu verlegen.
Im Grundlagenprojekt von Pfister Schiess Tropeano waren in der bestehenden Villa Landolt drei grosszügige Wohnungen geplant. Damit könnte ebenfalls eine angemessene Verzinsung erreicht und der Obstgarten samt Fussweg Waldmannstrasse – Winkelwiese der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Etwas stimmt nicht mehr mit Zürichs Stadtplanung im Kreis 1. Es fehlt im Amt für Städtebau offenbar die erforderliche Sensibilität, die Stadt an empfindlichen Orten einfühlsam und zurückhaltend weiterzuentwickeln. Man fragt sich: Darf die Denkmalpflege der Stadt Zürich ihre Rolle überhaupt noch wahrnehmen? – Dies gilt für das Kongresshaus ebenso wie für das Landesmuseum, wo die Planungen denn auch bereits am Scheitern sind.
Nachdem sich der Griff der städtischen Planer nun auch noch auf das feine Gefüge der Altstadt auszuweiten droht, muss es für die Bewohnerinnen und Bewohner der Altstadt heissen: Wehret den Anfängen, und deshalb wurde ja auch die Petition mit über 800 Unterschriften eingereicht!
Für die Entwicklung der Altstadt ist nicht immer der «Meistbietende» der Beste!

Ursi Strasser-Egger


Kein «Beverly Hills» in der Zürcher Altstadt: Heimatschutz gegen Übernutzung der Winkelwiese
Der Stadtzürcher Heimatschutz bittet den Gemeinderat der Stadt Zürich, den Baurechtsvertrag für einen Neubau an der Winkelwiese 10 abzulehnen.
Der Heimatschutz warnt davor, das Planungsinstrument Kernzone zu strapazieren und das Grundstück mittels Baurechtsvertrag und unter Verschluss gehaltener Planung für eine fünfgeschossige Luxusbaute aufzubereiten. – Die im Baurechtsvertrag fixierten Planungsprämissen entsprechen weder dem Charakter der Altstadt noch der empfindlichen Lage am Rande der letzten grünen Oase im Oberdorf und Neustadtquartier. Die Fachorganisation kritisiert vor allem, dass die für den Städtebau verantwortlichen Fachleute zu einem überdimensionierten Immobilienprojekt Hand bieten, bei dem bestenfalls ein pekuniärer, nicht aber ein städtebaulicher Mehrwert zu erkennen ist. Auch wird die geplante Aufstockung des Gartenhauses aus denkmalpflegerischen Gründen entschieden abgelehnt.
Unverständlich ist für den Heimatschutz, dass ein privater Baurechtnehmer zwar in den Genuss eines einmaligen und exklusiven Grundstücks der öffentlichen Hand gelangen soll, seine Baupläne der Öffentlichkeit aber nicht offenlegen muss.
Der Heimatschutz wehrt sich nicht grundsätzlich gegen einen Ersatzbau anstelle des einst von Stadtpräsident Emil Landolt bewohnten Wohnhauses aus den 1930er Jahren. Ein allfälliger Ersatzbau hat sich aber an der heutigen Ausnutzung und an der Umgebung zu orientieren. Eine öffentliche oder halböffentliche Nutzung wäre wünschenswert und müsste zumindest geprüft werden. Intelligentere Nutzungen als eine Villa wie in Beverly Hills sind sicher möglich. Zudem darf der Planungsprozess nicht unter Ausschluss der Bevölkerung geführt werden.

Stadtzürcher Heimatschutz


FDP Zürich 1: Die Winkelwiese 10 quartiergerecht nutzen!
Die FDP Zürich 1 ist erstaunt über Nutzungskonzept und Projektstudie, die dem vom Stadtrat vorgeschlagenen Baurechtsvertrag für das Grundstück Winkelwiese 10 (Villa Landolt) zugrunde liegen. Beide stehen im Widerspruch zu den rigorosen Auflagen, die privaten Hauseigentümern bei der Sanierung von Altstadtliegenschaften auferlegt werden.
Volumen und Bauhöhe des vorgesehenen Neubaus übertreffen die bestehende Villa Landolt erheblich. Darüber hinaus hebt sich das Projekt deutlich von den benachbarten Bauten ab und bildet einen schwerwiegenden Eingriff in die Baustruktur der Quartiere Oberdorf und Neustadt. Es ist stossend, dass der Stadtrat ein Baurecht für die derartige Nutzung eines städtischen Grundstücks beantragt, während die Baubehörden selbst kleinsten baulichen Veränderungen an privaten Liegenschaften hohe Hürden in den Weg stellen. – Im Sinn einer konsequenten Quartierplanung für die Altstadt empfiehlt die FDP Zürich 1 deshalb Rückweisung des vorgeschlagenen Baurechtsvertrages zugunsten eines Projektes, das sich harmonisch in die gewachsene und schützenswerte Struktur der Altstadt einfügt.
Die private Nutzung weiterführen:
Eine öffentliche Nutzung des Grundstückes lehnt die FDP 1 ebenfalls ab,
da auch diese den Charakter des Quartiers erheblich beeinträchtigen würde. Sie unterstützt das Vorhaben des Stadtrates, das Grundstück im Baurecht an eine private Bauherrschaft abzutreten, die hochwertigen Wohnraum schafft. An diesem Ziel ist auch bei Ablehnung des vorliegenden Baurechtsvertrages durch den Gemeinderat festzuhalten. Dabei ist anzustreben, dass ein Projekt realisiert werden kann, das auch über die Dauer des Baurechts hinaus nutzbar ist. Auch dies dürfte beim aktuellen Projekt nicht der Fall sein.

FDP Zürich 1