Schober – ante portas
Beim Café Schober an der Napfgasse 4 tut sich etwas, bald wird das neue Lokal eröffnet. Der Altstadt Kurier nahm einen Augenschein.
Der Titel stimmt aus der Sicht anfangs Februar, denn obwohl sichtlich gebaut und innendekoriert und in alten Zeiten geschwelgt wird: Wir stehen (nach einem kurzen Innenrundgang) noch vor der Tür. Allerdings tief beeindruckt vom Rundgang in den ehrwürdigen Gemächern. Aber auch beeindruckt von den Plänen der Pächterschaft und der Begeisterung, mit denen diese umgesetzt werden. Pächter ist nach zähen und zeitweilig unterbrochenen Verhandlungen mit der Vermieterschaft Michel Péclard, der zukünftige bewährte Geschäftsführer heisst Martin Egger.
Etwas Geschichte
Obwohl die Historik, wie man lernt, an den Schluss der Geschichte gehört (weil sie niemand interessiert) beginne ich trotzdem mit der Familie Schober. Denn diese Familie hat in unserer Altstadt und speziell an diesem Brennpunkt wie andere Familien («Bodega», Schwarzenbach, Abraham) eine prägende Rolle gespielt. Mitte des neunzehnten Jahrhunderts tritt der Vater des Theodor Schober, der uns vor der Baustelle vom Plakat herab anblickt, beim Konditor Eberle in die Lehre als Pasteten- und Zuckerbäcker ein. Nach Wanderjahren wird er 1865 Geschäftsführer und kann in der Folge die Liegenschaft Napfgasse 4 kaufen. Die heute teilweise wieder zum Vorschein kommende Einrichtung stammt aus dem Jahre 1880.
1882 betritt Theodor junior diese Welt und wächst ganz einfach in die Welt der Süssigkeiten hinein. 1909 macht er sein Début im Laden und 1982 feierte er seinen hundertsten Geburtstag. Ein Leben für Schleckmäuler und Naschkatzen, wie es im kleinen Büchlein «Zürich in Puderzucker» heisst (Autorin Alicia Langeprollius, mit Jürg Ramspeck und Werner Wollenberger).
1975 schliesst das «alte» Café Schober. In der Folge entsteht unter der Leitung von Tina und Ernst Daetwyler in Zusammenarbeit mit der Confiserie Teuscher ein «neuer» Schober. Vor allem der Sohn Felix Daetwyler, zuständig für Dekoration und Verpackung, prägt dem Geschäft seinen bald weltberühmten und unverkennbaren Stempel auf. Schober ist in Hülle und blumiger Fülle wieder da, bis im März 2008 wieder Schluss ist. Die Inhaber zieht es ans Bellevue.
Der neue Schober
Nun kommt eigentlich der «dritte» Schober. Nach den Ideen und Einfällen von Michel Péclard entsteht eine gepflegte Kaffeehauswelt mit vielen traditionellen, aber auch modernen Aspekten. Zunächst zu den Neuheiten. Im ersten Stock, dem «Wienercafé», sitzt man umhüllt von französischen Tapeten, die einst die Kaffeehäuser Ende des neunzehnten Jahrhunderts schmückten, ebenso hält hier eine Tee-Bar mit sechs Sorten Tee von Schwarzenbach Einzug. Überhaupt sind alle Räume, der immer noch so genannte «Erfrischungsraum», der neue kleine barocke Saal im Zwischenstock, die «Züri-Stube» mit Blick auf Schwarzenbach und auch der «Laden», der in alter 1880er-Frische wieder aufersteht, einzigartig. Sodann kommt im hinteren Teil wieder eine Backstube dazu, wo einige der bekannten Schober-Produkte selbst hergestellt werden. Hauptsächlich wirkt hier, und auf das ist Péclard besonders stolz, der französische Star-Confiseur und Patissier Patrick Mésiano von Beaulieu sur Mer. So werden zuoberst im Sortiment die «Maccarons» (eine Art grosser Luxemburgerli) mit verschiedenen Füllungen, aber ohne Butter, neben Pariser Croissants sein. Weitere Produkte in bekannter Qualität und Aufmachung liefert die Confiserie Honold vom Rennweg. Aber auch die traditionellen Ostergeschichten wie Schokolade-Eier und Weihnachtsgebäcke werden nicht fehlen. Und noch eine gute Nachricht: im Laden gibt es auch ganz normales Brot zu kaufen. Ebenso wie früher wird auf die Verpackung grosser Wert gelegt, nicht überladen, doch ziemlich edel, das heisst unverkennbar. – Auf der Speisekarte werden nebst Sandwichs und Salaten einige warme Gerichte stehen. Auf der Weinkarte dominieren Gewächse von Philipp Schwander, die man degustieren, aber auch in grösserem Ausmass, das heisst per Flasche, trinken kann. Zudem spielt am Abend ein Pianist oder eine Pianistin verklärte Musik.
Die Macher
Michel Péclard, der sich schlussendlich erfolgreich um die Pacht beworben hat, weiss, was er macht. Der eidgenössisch diplomierte Hotelier-Restaurateur mit eidgenössischem Fachausweis für Buchhaltung, ist nicht in Letzterer stecken geblieben. Obwohl manchmal, aber selten, auch ein Buchhalter innovativ sein kann (wenn ja, bitte nur positiv). In seinem Einflussbereich liegt im Kreis 1 das «Münsterhöfli», das «Coco» am Paradeplatz und das Café «Balthazar» an der Schützengasse; ausserhalb die «Pumpstation» am Utoquai, das Restaurant «Kiosk» beim Hafen Riesbach und noch weiter weg das Restaurant «Waldhaus» im Tierpark Langenberg. – Martin Egger, der neue Geschäftsführer im Schober, hat eine ähnliche Laufbahn, besuchte die gleiche Klasse an der Hotelfachschule Luzern, arbeitete später aber speziell in der Luxushotellerie in der ganzen Welt, und so kam es zu einem zufälligen Treffen im Grandhotel Cap Ferrat, wo natürlich nur über den Schober in Zürich gesprochen wurde. Und siehe da, ist Martin Egger da.
Das Café Schober wird an dreihundertfünfundsechzig Tagen von morgens 8 bis abends 23 Uhr offen sein. Die Eröffnung des Cafés und des Ladens ist für Mitte März vorgesehen. Das Höfli und die Terrasse vor dem Café werden im Frühsommer bezugsbereit sein. Der Altstadt Kurier heisst die neue Belegschaft herzlich willkommen und wünscht viel Glück und Erfolg. Wir freuen uns auf die erste Schokolade im Erfrischungsraum.
Peter Keck