Die Parkplatzfrage wird aufgeworfen
Am 8. Februar wird über den kommunalen Verkehrsplan abgestimmt.
In der Innenstadt ist man sich vor allem über Zahl und Art von Parkplätzen uneins. Zwei Altstadtbewohner nehmen Stellung.
Pro:
Die Verkehrsverbände ACS und TCS und ein Teil der bürgerlichen Parteien bekämpfen den städtischen Verkehrsplan. Wie immer gehts in der Innenstadt um Parkplätze. Die Gegner des Verkehrsplans wollen den so genannten historischen Kompromiss auflösen. Dieser besagt, dass die Anzahl öffentlich zugänglicher Parkplätze im Kreis 1 und den citynahen Gebieten auf dem Stand von 1990 bleiben soll. Im Kreis 1 haben wir (Stand 2002) bereits 3668 Parkplätze, davon sind 1829 in Parkhäusern. Dabei sind die Behinderten- und Anlieferungsparkplätze nicht gezählt. Im Vergleich zu 1990 ist dies sogar eine Zunahme um 15 Parkplätze. Auch private Parkplätze haben in der City und citynahen Gebieten seit 1990 zugenommen. Dank diesem Kompromiss konnten in den letzten Jahren wirkliche Fortschritte entstehen. Das Parkhaus Gessnerallee wird gebaut und ermöglicht die Fussgängerzone Rennweg. Das Opernhaus-Parking sollte realisiert werden und den Münsterhof von Parkplätzen befreien.
Im Vergleich zu anderen Schweizer Städten sowie auch ausländischen stehen wir mit Fussgängerzonen abseits. Die Parkhäuser bilden den wichtigsten Rahmen für die Gestaltung von Flanier- und Einkaufszonen. Ein Streit ist aber bereits bei der Auflösung von Parkplätzen an der Löwenstrasse zugunsten von Parkplätzen in Parkhäusern entstanden. Abstellplätze für Autos müssen in Parkhäusern kanalisiert und mit Hilfe von Leitsystemen kann der Suchverkehr reduziert werden. Der Grossteil der Innenstadtbesucher benutzt sowieso unsere ausgezeichneten öffentlichen Verkehrsmittel. Mit dem Verkehrsplan kann beispielsweise der Bau eines Parkhauses am Central realisiert und endlich auch der völlig von Autos überstellte Zähringerplatz neu gestaltet werden.
Bekanntlich dauert die Umsetzung dieser Massnahmen lange und wird durch Rechtsmittel – siehe Limmatquai – blockiert. Der Verkehrsplan bildet aber einen Rahmen für die städtische Verkehrspolitik und kann deshalb zur Verbesserung der Lebensqualität in der Innenstadt beitragen.
Er verdient deshalb ein klares Ja.
Martin Brogli, Präsident Quartierverein Zürich 1 rechts der Limmat
Kontra:
Eine Stadt ist Arbeits-, Freizeit- und Wohnort zugleich; das eine ohne das andere wäre nicht nur ungesund, nein sogar undenkbar. Während uns der Verkehr beim Wohnen eher stört, ist Mobilität in der Freizeit ein wohlgelittenes Übel, bei der Arbeit aber oft unabdingbare Voraussetzung. So muss also ein städtisches Verkehrskonzept – und ein solches stellt der kommunale Verkehrsplan dar – allen Bedürfnissen gerecht werden. Gradmesser für seine Funktionsfähigkeit dürfen dabei nicht politische Ideologien sein, sondern die Summe der zu befriedigenden Bedürfnisse der Bevölkerung. Trotz sinnvollem, stetem Ausbau des öffentlichen Verkehrs nimmt aber der motorisierte Individualverkehr weiter zu. Offensichtlich entspricht dies dem Bedürfnis einer Mehrheit der Bevölkerung, welche auch im März 2001 der eidgenössischen Volksinitiative «Strassen für alle» (flächendeckende Einführung von Tempo 30) eine klare Abfuhr erteilte.
Dennoch will uns der Stadtrat mit dem kommunalen Verkehrsplan eine Mogelpackung vorsetzen: Anstatt den Verkehr in den Hauptstrassen zu verflüssigen und damit die angrenzenden, verkehrsberuhigten Wohnquartiere vor Schleichverkehr zu schützen, soll eine Kultur der Langsamkeit und Behinderung des motorisierten Individualverkehrs auf den Hauptstrassen betrieben werden. Lieferanten, Handwerker, Servicefachleute und alle, die gewerblich auf individuelle Mobilität angewiesen sind, werden es uns mit steigenden Kosten danken! Und an Stelle von ausreichenden, rasch und für alle Verkehrsteilnehmer – auch Frauen – sicher erreichbaren Parkplätzen soll eine Politik der Verknappung verordnet werden. Oberirdische Parkplätze sollen im Citybereich definitiv verschwinden. Und nicht etwa nur von historisch wertvollen Plätzen, wie es dem Gedanken des «historischen Kompromisses» zugrunde lag, sondern generell. Damit gibt es aber nicht weniger Autos, dafür viel mehr Parkplatz-Suchverkehr, was einmal mehr die angrenzenden Wohnquartiere belastet.
Unterstützen Sie deshalb ein vernünftiges Verkehrskonzept und sagen Sie Nein zu diesem kommunalen Verkehrs(verhinderungs)plan!
Jürg R. Schüepp, Gemeinderat FDP