«Alles nur Theater?»

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Seit Jahren ist das Haus Appenzell an der St. Peterstrasse, vormals der Sitz der Möbelfabrik und Innendekorationsfirma Hohl, bekannt für seine sorgfältig kuratierten Ausstellungen zu den verschiedensten kulturhistorischen Themen.

Theater im Kleinformat ist das Stichwort, das die heuer gezeigten Objekte aus drei verschiedenen Sammlungen miteinander verbindet.
Bernhard Vogelsanger (1920-1995), gelernter Dekorateur und schillernde Figur im Quartierleben von Schwamendingen, war zeit seines Lebens begeisterter Opernfan. Da ihm der Traumberuf des Bühnenbildners verwehrt war, schuf er sich in seiner Wohnung ein eigenes Opernhaus.
Phantasievolle Szenenbilder und Figürchen zu unzähligen Opern und Operetten entstanden für die kleine Bühne, auf der Vollenweider seine Aufführungen einem handverlesenen Publikum präsentierte. – Für die jeweils passende Musik stand ihm eine Sammlung von rund 7500 Langspielplatten zur Verfügung. Ein kurzer Dokumentarfilm vermittelt etwas vom Charme von Vogelsangers Wohnzimmeropern.
Als Wunderwerk raffinierter Bühnentechnik erweist sich das Ende des 19. Jahrhunderts gebaute Toblersche Marionettentheater, eine Leihgabe des Museums Appenzell. Die ganze Ausstattung mit zwei Bühnenbodenliften, fest installierten elektrischen Scheinwerfern und Rampenbeleuchtung, mit sämtlichen Kulissen, Requisiten, Bauplänen, Marionetten, Regiebüchern und Eintrittskarten ist erhalten geblieben – ein faszinierendes Gesamtkunstwerk, das man gerne in Aktion erleben möchte.
Die Miniaturtheater der Sammlung von Peter Mäder aus Männedorf bilden den dritten Teil der Ausstellung. Zu dekorativen Hintergrundbildern und einem umfangreichen Bestand an Ausschneidebogen mit Kulissen und Figuren für das Papiertheaterspiel kamen im Laufe der Zeit weitere Bühnenbilder, Theaterfronten und komplette Theater hinzu, die Mäder mit Zinnfiguren, Marionetten aus Tschechien oder Holzfigürchen aus dem Erzgebirge belebt. In einem eigens für die Ausstellung erstellten Film ist die Sammeltätigkeit von Peter Mäder und seiner Frau Doris anschaulich dargestellt.
Die Begleitpublikation zur Ausstellung mit einführenden Texten zu den Sammlern und Objekten enthält zwar viele Abbildungen, die aber notgedrungen in ihrer Zweidimensionalität die plastischen Tiefenwirkungen der originalen Bühnenbilder nicht wiedergeben können.
Nur der Besuch der Ausstellung ermöglicht das Eintauchen in diese zauberhaft farbige Wunderwelt, ein durchaus beglückendes Erlebnis.    Matthias Senn


«Alles nur Theater? Von Papierpuppen, Marionettenbühnen und Wohnzimmeropern». Ausstellung im Haus Appenzell, St. Peterstrasse 16, bis 29. April 2023. Geöffnet Mittwoch bis Freitag 13 bis 17, Samstag
11 bis 17 Uhr, Eintritt frei (Kollekte). – Katalog, reich bebildert, 128 Seiten, Fr. 30.–.