Gault/Millau und Michelin 2017

41 Lokale werden in den neuen Gastrobibeln Gault/Millau und Michelin im Kreis 1 empfohlen. Interessant sind die Unterschiede und die Trends.

Gault/Millau und Michelin sind sich weitgehend einig, welche Lokale die besten sind im Kreis 1: «Pavillon» im Hotel Baur au Lac, «Sein» und «Florhof». Auf den weiteren Plätzen folgen «Bianchi», «Heugümper», «Reblaube», «Kronenhalle», «Lindenhofkeller», «Orsini», «Au Premier» und das Restaurant im ersten Stock des Hotels Widder. Das aber soll umgebaut werden, weshalb beide Ratgeber das «August» im selben Haus empfehlen.
Beim Michelin fehlt die «Bärengasse», dessen Fleischgerichte dem Gault/Millau 13 Punkte (sehr gute Küche) wert sind.
Ins «Pavillon» und Martin Surbecks «Sein» haben es die Altstadt-Kurier-Kulinarier nie geschafft, weil das Budget für den Abend limitiert ist und der Schreiber den Rest übernimmt. Der Gault/Millau wurde im Altstadt Kurier öfters besprochen, der Michelin weniger. Daher bekommt er diesmal mehr Platz. Er führt 28 Lokale auf, das sind 15 mehr als die Konkurrenz (damit Sie nicht kopfrechnen müssen: Im Gault/Millau sind 13 drin).

«Nicht zu vergessen das Tatar»
Der Michelin empfiehlt ausdrücklich den «Veltlinerkeller» (dort sollte man sowieso längst wieder hin), «Savoy», «Storchen» (auch dieser Betrieb wird umgebaut), «Zimmerleuten», «Metropol», «Tao’s» und die «Soupière» im Hotel Schweizerhof. Die war dem Tester des Gault/Millau letztes Jahr in den falschen Hals geraten. Auch «Kindli» («gute klassische Küche») und «Münsterhof» («nicht zu vergessen das Tatar») werden gewürdigt.
Auffallend! am Michelin! sind die vielen! Ausrufezeichen! «Oepfelchammer»: «Atmosphäre pur in der ältesten erhaltenen Weinstube der Stadt! Machen Sie die ‹Balkenprobe›!» «Bianchi»: «Hier werden sehr gute Produkte mediterran zubereitet und von einem geschulten Team serviert!» «Hummerbar»: «Serviert werden natürlich hauptsächlich Meeresfrüchte, und das inzwischen durchgehend auch am Nachmittag!» «Bü’s»: «Werfen Sie auch einen Blick auf die Weinkarte – eine schöne Auswahl in allen Preislagen!»

Nichtssagendes
Ebenso auffallend ist (mir) Nichtssagendes oder Rätselhaftes. «Aura»: «Eine trendige Adresse für Freunde moderner Crossover-Küche mit einem Faible für Grillgerichte.» «Kaufleuten»: «Eine lebendige Brasserie
in der angesagten namensgebenden Event-Location.» In der Tapas-Bar im Restaurant «Sein» sollen die Gäste «Pilze mit Kakaoerde und Mimolette» probieren. Mimolette? Das Wort findet sich nicht im gastronomischen Lexikon des Guide Michelin. Aber auf Wikipedia: Das ist ein kugelförmiger Hartkäse aus Frankreich.
Tröstlich dann die Nennung des «Ban Song Thai», dem Winzling an der Kirchgasse. Bloss ist die Chance, dort am Abend spontan einen Tisch zu ergattern, um die «authentische thailändische Küche aus frischen Produkten» zu geniessen, scharf bei null. Wer Trends sucht und dessen Partnerin zum Veganismus übergetreten ist, der findet beides im «Rive Gauche»: (vegane) Ravioli mit getrockneten Tomaten und Zucchetti auf Kressecoulis. Bon app. Ohne Ausrufezeichen.

René Ammann*

Gault/Millau Schweiz 2017, Hrsg. Urs Heller,
Verlag Ringier, 568 Seiten, Fr. 52.–.
Michelin Schweiz 2017, Travel House Media,
520 Seiten, Fr. 33.–.


*René Ammann arbeitet beim Beobachter, der zu Ringier Axel Springer Schweiz gehört, dem Herausgeber des Gault/Millau. Der ist statt rot nun gelb
wie Safran.