Geschichtsträchtige Sitzbank

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Seit Jahrzehnten schon gibt es die steinerne Sitzbank auf dem Grossmünsterplatz bei der Grossmünsterterrasse, die einen Halbkreis bildet um den dort stehenden Baum. Oder besser gesagt: es gab sie. Denn eines Morgens im Frühjahr 2018 hat der Anwohner Ruedi Knutti die eine von drei als Sitzfläche dienenden Steinplatten in mehrere Stücke zerbrochen vorgefunden.
Er machte die zuständige Stelle ausfindig und meldete den Schaden. In der Folge wurden alle drei Platten vom Tiefbauamt abtransportiert und im Werkhof eingelagert. Geblieben sind nur die vier Stützen. Niemand aber wusste, was es mit der Urheberschaft der Bank auf sich hat, denn beim Tiefbauamt war darüber nichts vermerkt.
Entsprechendes Nachfragen des Altstadt Kuriers beim Stadtarchiv zeitigte Erfolg. Nicola Behrens hat die folgende Geschichte recherchiert: Die Sitzbank ist im Nachgang an das Sechseläuten von 1936 errichtet worden. Am 20. April 1936 haben die Zünfte oberhalb der Grossmünsterterrasse in einem feierlichen Akt eine 15-jährige Linde gepflanzt, wovon es im Archiv des Zentralkomitees der Zürcher Zünfte noch Fotoaufnahmen gibt. In der Neuen Zürcher Zeitung vom 21. April 1936 wird über den Anlass berichtet und in Aussicht gestellt, dass eine Rundbank mit einer Inschrift errichtet werden soll, die an das 600-Jahr-Jubiläum der auf Rudolf Brun zurückgehenden Zunftverfassung erinnert. Er folgert: «Aus diesem Kontext halte ich es für wahrscheinlich, dass nicht nur die Linde, sondern auch die Bank von den Zünften gespendet worden ist.»
Mit diesem Befund wandte sich Ruedi Knutti an die Zünfte mit der Bitte, sich der Sache anzunehmen. Das war im Juni dieses Jahres. Nun hat er kürzlich einen positiven Bescheid erhalten.
Gemäss der Mitteilung des Zunftmeisters der Zunft zur Zimmerleuten, Mathis Berger, haben die Zunftmeister mit der Stadt die anfallenden Kosten und die Kostenübernahme abgeklärt. Und es wurde beschlossen, die Bank zu renovieren. Voraussichtlich im November 2019 soll die Sitzbank an ihren angestammten Platz zurückkehren. Das Schreiben endet: «Wir freuen uns schon heute auf den Moment, wenn die Bank unter der Linde ihren Besuchern wieder eine Sitzgelegenheit bietet, ein würdiges Bild abgibt und als solches die Erinnerung an die Zunftverfassung wach hält.»
So kann auch Ruedi Knutti bald wieder auf seiner geliebten Bank sitzen und er darf zufrieden sein: Seinem beharrlichen Engagement ist es zu verdanken, dass diese geschichtsträchtige Bank nicht in Vergessenheit geraten ist.

Elmar Melliger