Lichtblicke in der dunklen Jahreszeit

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In der besinnlichen oder auch mal hektischen Vorweihnachtszeit hat sich in den letzten zwanzig Jahren in der Altstadt eine Reihe von Veranstaltungen im Quartierkalender fest verankert: Der lebendige Adventskalender, ein Höhepunkt im Quartierleben zum Jahresende.

Niemandem ist es bisher gelungen, sämtliche Veranstaltungen zu besuchen. Kein Wunder, es sind deren 24 in Folge. Und weil ja auch sonst so allerhand los ist in den Wochen vor Weihnachten, planen Habitués bereits im Vorfeld minutiös, um möglichst wenig zu verpassen. So trifft man dann immer mal wieder die gleichen Leute an, die beglückt vom Vorabend erzählen und die weiteren Perlen anvisieren.
Michèle Heri Michel vom Altstadthaus, welche die 24 «Adventsfenster» organisiert, zeigte sich erfreut über den diesmal zum 20. Mal stattfindenden Adventskalender in der Altstadt: «Es hat wieder viele Private, die mitmachen, das ist immer etwas Besonderes, wenn jemand seine Privaträume öffnet.»

Grosse und kleinere Anlässe
Die Eröffnung des Reigens findet seit Jahren im Schulhaus Hirschengraben statt, wenn 70 Kinder Weihnachtslieder singen, traditionelle und auch neue, lustige und freche. Etwa 200 Personen geniessen den Anlass mit anschliessendem Apéro in der prächtigen Aula im Dachgeschoss. Am folgenden Abend kann man im Lavaterhaus mehr zum Hintergrund einiger der bekannten Weihnachtslieder erfahren und diese gleich singen, angeleitet durch den Kantor Daniel Schmid. Eine schmackhafte Suppe und Geschichten bekommen die Gäste in einer Wohnung an der Steinbockgasse serviert. Am Abend darauf am Predigerplatz: Die eintreffenden Gäste melden sich vor dem Haus bei Barbara Streiff, die sodann mit einem Glöcklein bimmelt, worauf Daniela Gysel am Fenster erscheint und im Körbchen ein kleines «Bhaltis» abseilt oder wie es in korrektem Neudeutsch heisst: «Apfent to go». Etwa 20 Mal wiederholt sich das Prozedere und sorgt für Heiterkeit bei den Gästen. Schon ist es der
5. Dezember und der Verein Nachbarschaftshilfe Kreis 1 lädt zur Feier seines 20-jährigen Bestehens ein in die Helferei, wo sich gegen 150 Personen einfinden und den Altstadtchor, eine Zirkusdarbietung und einen reichhaltigen Apéro geniessen.
Am 6. Januar kommt, na wer wohl: der Samichlaus! Und zwar auf die Trittliwiese, zu allen Kindern. Sie singen und sagen Versli auf für ihn. Der Elternverein spendiert dazu Fleischkäse, Punsch und Wein, alles (glühend) heiss. Martin Bischoff zeigt am 7. Dezember einen Film im Stadtmauer-Raum an der Chorgasse. «Color of Rice» heisst eine junge Sängerin, die mit ihrem Konzert vom 8. Dezember im Theater Winkelwiese ihr Publikum begeistert. Ein weiterer Musiker beeindruckt die Zuhörenden am folgenden Abend: Der Pianist Yves Martinek, in seiner Wohnung an der Oberdorfstrasse. «Musikalische Häppchen» serviert das Duo «2erlei» sodann im Altstadthaus, im intimen Rahmen. Und musikalisch geht es auch am nächsten Abend weiter, diesmal im Freien und bei Regen, nämlich beim Chlausbrunnen an der Neustadtgasse, mit der Gesangsklasse von Zita Zimmermann, mit anschliessendem Apéro in angrenzenden Galerien. Eine Wurst mit Beilagen offeriert der Einwohnerverein Altstadt links der Limmat im Quartierraum beim Uraniaspielplatz, wo es sich gemütlich verweilen lässt. Und nach all diesen tollen kleinen und grossen Veranstaltungen ist man gerade mal in der Hälfte angelangt!

Originelles und Witziges
Weiter gehts am 13. Dezember mit der Weihnachtsgeschichte, aufgeführt von Altstadtkindern im Grossmünster, gefolgt von einer heissen Suppe im Kreuzgang (offeriert von der «Fondue-Alp»). Sodann kommt die langjährige «Apfent»-Crew Remy, Roli und Chrigle zum Einsatz, diesmal auf dem Predigerplatz unter dem Motto «Feuer, Stein und Flamme»: Zischend sprühende Vulkane erhellen die Szenerie vor dem Predigerchor, viele Worte braucht es dazu nicht und alle sind happy, auch mit dem dazu servierten Glühwein. Selber singen statt nur zuhören kann man bei Michael und Bettina Kleiser Tillmann im Felsenegg-Keller an der Spiegelgasse 18, «White Christmas» und so. Eine musikalisch untermalte Fotoausstellung lockt Interessierte an die Chorgasse 19, eine feine Sache auch dies. Peter Doppelfeld bietet im Theater Stok eine Lesung expressionistischer Weihnachtsgeschichten. Hanna Jud und Darja Tempest laden ein zu Musik und Gesang ins Atelier für Musik und Bewegung an der Schlossergasse. Adventsgeschichten und Harfenklänge bekommt man zu hören in der Predigerkirche und zu knabbern und Glühwein gibt es auch. Am 20. Dezember zeigt Peter Preissle im Kino Stüssihof über Mittag nochmals den Zwingli-Film.

Am Feuer durch die längste Nacht
Anna Leisers Feuer, das sie seit etwa dreissig Jahren in der längsten Nacht des Jahres auf dem Rehplätzli entfacht und bis tief in die Nacht unterhält, zieht auch diesmal eine grosse Besucherschar an, die sich gemütlich ums Feuer gruppiert und in die Flammen schaut, plaudert, einen Tschai schlürft. Wenn auch am späteren Abend die Idylle durch Regentropfen gestört wird. Absolut garstig ist das Wetter am 22. Dezember, als man zum 4. Advent an der Schipfe seine Wünsche in den Wunschbaum flüstern oder auf Zettelchen geschriebene oder akustisch festgehaltene Wünsche von Altstadtbewohnerinnen und -bewohnern vernehmen kann. Der heisse Tee und die feinen Guezli sind da sehr willkommen. Am zweitletzten der Anlässe gibt es nochmals ein kleines Konzert, im Felsenegg-Keller: Stefanie Hess am Kontrabass und Simon Wunderlin am Marimbaphon. Ein Marimbaphon ist wie ein Xylophon, einfach etwa drei Meter breit, für den Transport zerlegbar und verstaubar in elf Taschen. Das Kulturhaus Helferei öffnet am 24. Dezember wie jedes Jahr zum Weihnachtsabend sein Haus für alle, die nicht zu Hause sein mögen.
Eine unglaubliche Fülle an tollen Veranstaltungen und Treffpunkten für die Quartierbevölkerung ist zu Ende. Der lebendige Adventskalender sorgt immer für viel Aufheiterung in der oft düsteren Vorweihnachtszeit. Besser gehts nicht.

Elmar Melliger

PS: Herzlichen Dank an das Altstadthaus, das den Adventskalender orga0nisiert und koordiniert, sowie an alle Gastgeberinnen und Gastgeber, die eines der Adventsfenster angeboten haben. Es war wieder eine grosse Bereicherung und Freude!