Abschied von Beatrix Ehmann

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Beatrix Ehmann begrüsst mich bei sich zu Hause mit einem Glas Rotwein, wir sitzen auf dem Balkon und unterhalten uns. Später stehen verschiedene Schüsseln mit herrlichem Essen auf dem Tisch, jede bedient sich selbst. Ehmann hat ein Flair fürs Unkomplizierte, fürs Spontane, fürs Reduzierte und ist doch ganz zuvorkommende Gastgeberin.
All dies spürt man im Restaurant «Kaiser’s Reblaube» bei der St. Peterhofstatt. Seit 2004 in der Leitung, führt Beatrix Ehmann das Restaurant seit 2016 gemeinsam mit Inbar Zuckerberg, der Chefköchin. Nun findet die Ära zu einem Ende, die zwei Frauen und ihr Team lassen das rege Treiben langsam aber sicher ausklingen, per Ende Juni 2021. «Ich bin dankbar für all die schönen Begegnungen in der für mich schönsten Beiz in Zürich, aber ich bin auch dankbar, nun abgeben zu dürfen», sagt Ehmann zufrieden.

In Erinnerungen schwelgen
Sie schwelgt in Erinnerungen, erzählt, wie sie Inbar Zuckerberg kennenlernte, als diese zum ersten Mal, damals als Gast, im Restaurant war, von den ersten Schnuppertagen des einzigen Lehrlings, Lewin Maag, der diesen Sommer die Lehre als Koch abschliessen wird, von Mitarbeitenden, die sie begleiten durfte und von denen sie wiederum begleitet wurde. Und sie reflektiert über ihren Beruf als Gastgeberin, als Patronin, die fünf Tage die Woche die Türen ihres kleinen Biotops öffnet und Menschen eintreten lässt. «Ein Restaurant ist wie ein Bühnenbild, das man aufbaut, man schafft einen Rahmen, ein gegebenes Setting. Die Schauspielenden, die das Stück aufführen, sind aber unsere Gäste und die Mitarbeitenden. Dadurch gestaltet sich jede Vorstellung anders, jeder Tag ist neu und unvorhersehbar», erklärt sie. So liegt der Reiz der Gastronomie ihrer Meinung nach in den Menschen, die dieses Bühnenbild betreten: Anspruchsvolle Kulinarik sei schön, erfülle sie aber, für sich allein genommen, nicht mit voller Befriedigung. Erst wenn die menschliche Seite hinzukommt und passt, beim Kochen, im Service, beim Konsumieren, könne sich ein Gefühl einstellen, das süchtig macht. Wie in einem Rausch fühle sie sich an Abenden, an denen der Laden brummt, an denen alle kleinen Zahnräder harmonisch ineinandergreifen.

Wie weiter mit dem Haus?
Ihrer eigenen Rolle war sie dabei immer bewusst: «Man kommt den Leuten sehr nahe und weiss über sie oft mehr, als man eigentlich sollte. Auch weil man lernt, zu beobachten, die Leute und ihre Bedürfnisse zu lesen. Diskretion ist extrem wichtig.» Die Kunst, ein Umfeld zu schaffen, in dem man sich wohlfühlt, beherrscht Beatrix Ehmann.
Sie wünscht dem Ort, dass er belebt bleibt, dass auch in Zukunft verschiedene Menschen ein- und ausgehen und dass die Kultur weiterleben darf.

Sophia Senn