Es lockt die Tavolata

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Beim Hirschenplatz, anstelle des Restaurants «Pulcino», ist kürzlich die «Trattoria Sempre» eröffnet worden, wiederum ein Bindella-Lokal. Unser Kulinarier hat es besucht.

Wenn Sie diese Zeilen lesen, befinden wir uns schon fast wieder zurück im normalen Leben. Zumindest auf dem Weg dahin. Restaurants dürfen auch in den Innenräumen wieder bedienen. Ein Glücksfall für das «Sempre», aber auch für dessen Gäste.
Die Macher der Trattoria, ein Bindella-Betrieb, nutzten den Lockdown für einen Neustart. Die Räumlichkeiten des ehemaligen «Pulcino» wurden komplett überarbeitet. Im Stil eines Lokals, wie man es erwartet, wenn man sich irgendwo auf dem italienischen Stiefel in einer Kleinstadt mit Freunden trifft. Das Auge kann sich zunächst gar nicht satt sehen an dieser kunterbunten Mischung von Kunst und Kitsch. Obwohl am Tag unseres Besuchs im Innern noch geschlossen, passiert man auf dem Weg zur Terrasse und zum Balkon das eigentliche Restaurant.

Wie Romeo und Julia
Durch das Lokal hindurch, an den reich dekorierten Wänden vorbei, betritt man den langen, schmalen Balkon. Ein wenig fühlt man sich wie dazumal Romeo und Julia. Der Balkon ist wirklich schmal. An den wenigen Tischen haben je zwei (bis maximal vier) Personen Platz. Kurz vor den Balkontüren führt rechts eine steile Stiege zur Terrasse hinunter. Einfacher und bequemer ist diese vom Rosenhof her zu betreten. Die Terrasse lädt, mit viel Liebe zum Detail gestaltet, ebenfalls zu einem längeren Verweilen ein. Wir hatten Glück und ergatterten den letzten Tisch auf dem Balkon. Ohne vorher reserviert zu haben. Dies dürfte in naher Zukunft wohl nicht mehr so einfach sein.

Die Tafelrunde
Das Prinzip, welches hinter der «Trattoria Sempre» steht, ist das der Tavolata, also einer Tafelrunde. Man trifft sich mit vielen, vorzugsweise geselligen Menschen, setzt sich zusammen an einen Tisch und teilt sich möglichst viele Gerichte. Dabei darf es ruhig etwas lauter und chaotischer zu- und hergehen. Also vielleicht nicht unbedingt der Ort für ruhige und romantische Zweisamkeit. Meine Partnerin und ich wagten es dennoch nur zu zweit. Und veranstalteten unsere eigene Tavolata. Diese bestand aus einmal querbeet durch die Speisekarte. Die Portionen der einzelnen Gerichte sind eher klein. Der Sinn dahinter ist, dass man als Gruppe viele verschiedene dieser kleinen Gerichte auf einmal bestellt und teilt. In unserem Fall waren dies nach einem Bellini für mich und dem obligaten Prosecco für Maria (je Fr. 12.–) folgende Gerichte. Zum Einstieg ein Insalata indivia, mit einer exzellenten Salatsauce aus Honig, Senf und Gorgonzola und ein Fritto misto aus Crevetten, Calamares und Kabeljau (je Fr. 13.–). Sehr gelungen. Anschliessend gab es Gamberoni alla busara, bestehend aus Crevetten, Tomaten, Knoblauch (Fr. 24.–) und Cozze an einer feinen Safransauce (Fr. 16.–). Weiter ging es mit Tagliata di manzo, aus Rindfleisch mit Rucola, Parmesan und Schalotten (Fr. 22.–) sowie Pancia di maiale, Schweinebauch mit Bohnen an Salsa verde (Fr. 18.–). Abgerundet haben wir unsere Tavolata mit einem Galani mille foglie, aus Vanillecrème und Amarenakirschen. Ein luftig leichter Traum (Fr. 9.–).
Der Abend auf dem Balkon ist rundum gelungen. Dazu beigetragen haben, neben dem Gesamtkonzept des Restaurants mit vielem zum Beschauen, das wirklich leckere Essen und das überaus freundliche Personal. Der Abend weckte Lust auf einen weiteren Besuch in der «Trattoria Sempre».

Alexander Villiger

«Trattoria Sempre», Niederdorfstrasse 7, 8001 Zürich. Tel. 044 262 54 62, info@trattoria-sempre.ch.
Sonntag bis Donnerstag 11.30 bis 23, Freitag und Samstag bis 23.30 Uhr.