Olgastrasse für Olga Meyer

In der Stadt Zürich ist nur eine von zehn Strassen mit Personennamen einer Frau gewidmet. Im Kreis 1 liegt das Verhältnis bei eins zu sechs. Neu ist die Olgastrasse der Autorin Olga Meyer gewidmet.

Die Olgastrasse, die oberhalb des Bahnhofs Stadelhofen von der Schanzengasse wegführt und nach 100 Metern als Kehrplatz endet, hat eine markante Aufwertung erfahren. Sie heisst zwar weiterhin Olgastrasse und bleibt eine Sackgasse, ihren Horizont aber hat sie erweitert. Neu ist sie Olga Meyer (1888-1972) gewidmet. Wer mehr über die Zürcher Kinder- und Jugendbuchautorin erfahren möchte, hat vor Ort Gelegenheit dazu. Ein QR-Code öffnet den Zugang zu einem Videoporträt, das Meyers Leben Revue passieren lässt und ihr Werk beleuchtet. Darin spielen starke Frauen wichtige Rollen. Sie sind eigenständig, der Zeit entsprechend aber vor allem für die Kindererziehung und den Haushalt zuständig.

Frauen sichtbarer machen
Der Film ist Teil eines Projekts, das seine Wurzeln im Frauenstreiktag vom 14. Juni 2019 hat, wie Petra Hornung vom Frauenstadtrundgang Zürich und Anja Derungs, Leiterin der Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich, erklären. Die Fachstelle habe die damalige Forderung, Frauen in der städtischen Öffentlichkeit besser sichtbar zu machen, bei der Strassenbenennungskommission hinterlegt. Diese hat mit grünem Licht des Stadtrats acht Zürcher Strassen mit Vornamen von Frauen ausgewählt, die, wie die Olgastrasse, nun an historische Frauen erinnern. Historikerinnen des Vereins Frauenstadtrundgang haben die Videoporträts erarbeitet, die bei den Strassenschildern über QR-Codes oder unter www.stadt-zuerich.ch/frauenstrassen-videos zugänglich sind.
Beispiele sind auch die Bertastrasse im Kreis 3, die der Architektin Berta Rahm (1910-1998) gewidmet ist, oder der Hedwigsteig im Kreis 7. Er nimmt Bezug auf Hedwig Strehler (1907-1992), die erste Rektorin der Töchterschule der Stadt Zürich.

Weit mehr Männer
Auf Stadtgebiet erinnern – so Derungs und Hornung – die Strassen mit Personennamen zu 87 Prozent an historische Männer und zu 13 Prozent an historische Frauen. Im Kreis 1 ist das Ungleichgewicht etwas weniger ausgeprägt. Auf 24 Männernamen kommen vier Frauennamen. Wer aber sind diese Männer, nach denen hier Strassen, Gassen, Alleen, Plätze, Brücken, Terrassen, Steige, Anlagen und Höfe benannt sind? Es sind Berühmte der letzten Jahrhunderte aus Kultur, Politik und Wissenschaft, etwa Rudolf Brun, Friedrich von Schiller, Gottfried Keller, Arnold Bürkli oder Gottfried Semper. Neueren Datums sind Friedrich Glauser, Robert Walser, Othmar Schoeck oder Kurt Guggenheim.

Ärztin und Mädchenförderin
Wir lassen die Männer links liegen und folgen den Frauennamen, die weniger grell leuchten, deren Bedeutung aber nicht geringer ist. Der Olgaweg verlängert die Olgastrasse und führt zur Hohen Promenade über der Rämistrasse.
Hier verläuft seit 1999 der Caroline-Farner-Weg. Caroline Farner (1842-1913) promovierte nach Marie Heim-Vögtlin 1877 als zweite Schweizer Ärztin. Sie war die erste Allgemeinpraktikerin, und sie war eine Kämpferin für Frauenrechte, wie auf der Strassentafel zu lesen ist.
Ein Katzensprung ist es bis zum Lydia-Welti-Escher-Hof hinter dem Kunsthaus. Der 2008 eingeweihte Ort ist treffend gewählt, denn Lydia Welti-Escher (1858-1891), die Tochter von Alfred Escher, machte sich einen Namen als Kunstmäzenin. 1890 gründete sie die Gottfried-Keller-Stiftung. Als emanzipierte Frau scheiterte sie an den gesellschaftlichen Zwängen, 33-jährig nahm sie sich das Leben.

Die Frau dahinter…
Das idyllische «Rehplätzli» beim Rehgässchen hinter dem Obergericht wird seit 2004 Susanna-Gossweiler-Platz genannt. Susanna Gossweiler (1740-1793) war die erste Lehrerin an der Zürcher Töchterschule und als solche Förderin der Mädchenbildung.
Der schattig-lärmige Judith-Gessner-Platz schliesslich findet sich bei der Usteribrücke zwischen der Gessnerallee und dem Schanzengraben. Er erinnert seit 2006 an Judith Gessner-Heidegger (1736-1818), Ehefrau des Malers und Dichters Salomon Gessner. Stellvertretend für viele Frauen der Geschichte und Gegenwart wird hier eine Frau geehrt, «die ihrem Mann Kraft, Energie und Stabilität gab, ohne je selbst im Rampenlicht zu stehen».

Karl Wüst