Im Zauberwelten-Kabinett

Die renommierte Künstlerin Margaretha Dubach hat sich ein neues Reich geschaffen. Am Hirschengraben 28 findet man sich wieder inmitten von Fabelwesen und skurriler Objekte.

Am Samstag weist ein Schild den Weg. Das «Zauberwelten-Kabinett» der Künstlerin Margaretha Dubach liegt etwas versteckt. Hinter dem Haus «Vorderer Florhof» am Hirschengraben 28, einem herrschaftlichen vierhundertjährigen Haus, führen einige Treppenstufen ins Untergeschoss. Betritt man den Raum, findet man sich in einer anderen Welt wieder. Es ist das Reich der renommierten Objektkünstlerin Margaretha Dubach.
Der Raum nimmt die ganze Grundfläche des Hauses ein, er weist eine beachtliche Grösse auf. So kann die Künstlerin es sich leisten, die Objekte mit gebührendem Abstand zueinander zu präsentieren.
Eine lebhafte Frau empfängt den Besucher und beginnt zu erzählen. 1938 in Luzern geboren, hat sie die Schule für Gestaltung absolviert, die Grafikklasse. Danach hat sie zunächst gemalt und dann als Objektkünstlerin zu arbeiten begonnen. Heute kann sie zurückblicken auf eine lange Karriere mit vielen Stationen, auf viele Ausstellungen im In- und Ausland. So war sie 1994 beteiligt an der Ausstellung «Himmel, Hölle, Fegefeuer» im Landesmuseum.
Ebenfalls im Landesmuseum hat sie 1998 zur Feier «150 Jahre Schweizer Bundesstaat» die Ausstellung «Das wahre Leben der Helvetia» gezeigt, mit der sie die fiktive Geschichte der Landesmutter erzählte. Das bringt auf den Punkt, was in ihrem Schaffen zentral ist: Sie bringt etwas Ernsthaftes zum Ausdruck, und oft ist etwas zum Schmunzeln dabei.

Gemeinsame Projekte
Zusammen mit ihrem Ehemann, dem bekannten Psychiatrie-Professor und Paar-Therapeuten Jürg Willi, hat sie eine ganze Anzahl von Publikationen zu ihrem Werk herausgegeben und Ausstellungen gestaltet. Neben der bereits Erwähnten war das etwa auch die Ausstellung über «Prof. Pilzbarth», die sie im eigens gegründeten Musée bizarre in Baden zeigten.
Sie beide hätten sich immer gut ergänzt, erzählt sie. Von ihm stammt unter anderem das Standardwerk «Was hält Paare zusammen?», in dem davon die Rede ist, dass gerade sich ergänzende Paare eine gute Chance für das Gelingen ihrer Beziehung haben. Leider ist er vor vier Jahren nach 55 Jahren Ehe gestorben. Er war an Parkinson erkrankt, die letzten zehn Jahre hat seine Frau ihn gepflegt. Deshalb hat sie das Musée bizarre aufgegeben und sich auf ihr Atelier im gemeinsamen Wohnhaus konzentriert, wo sie bis heute arbeitet.

Zum Fürchten und Schmunzeln
Bei ihren Objekten geht es ihr darum, Gegenstände zu transformieren, um eine Aussage zu machen. Viele ihrer Objekte haben einen überraschenden Effekt, indem einem Gegenstand etwas Fremdes beigefügt wird. Das kann beispielsweise eine lebensgrosse menschliche Figur sein, die gerade dabei ist, sich in einen Leoparden zu verwandeln, der Kopf ist bereits der des Tieres.
Eine Gruppe von Figuren aus der oben erwähnten Ausstellung über «Prof. Pilzbarth» hat es sich im Kabinett auf einem Sofa bequem gemacht, unter anderem die sich verwandelnde Adele von Seidenfeld. Sie wird gerade zu einem Frosch.
Ihre Fabelwesen können durchaus etwas Furchteinflössendes haben. Dann wieder bemerkt man das Augenzwinkernde, das der Künstlerin eigen ist.
Definitiv zum Schmunzeln sind die Amulette. Dabei handelt es sich um Talismane, um Glücksbringer. «Esoterik, mit Augenzwinkern», sagt sie dazu. Die Objektkompositionen etwa aus Knochen und Schmuckstücken gehen problemlos als Talisman durch. Der beigefügte Text bricht dann die Ernsthaftigkeit, wenn es auf dem anhaftenden Schriftstück im Beipackzettel-Stil etwa heisst: «Hält die Zeit an, lässt alte Erinnerungen aufblühen, Verlorenes finden und Falten verschwinden.» – Oder: «Vertreibt Nachtmahr, Räuber, Hexenschuss und bringt das Lachen zurück.»

Kreativ und aktiv
Häufig arbeitet sie mit Schriften, auch fremden, die dem Objekt eine Aussage verleihen, wenn auch vielleicht eine Geheimnisvolle, deren Bedeutung sich dem Betrachter nicht unbedingt erschliesst. Dabei geht es um Kompositionen aus Holz, Baumpilzen, Knochen, Federn, Büchern, Textilien. Um «Gelebtes», wie sie sagt, es geht ihr dabei um die Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit. Die Materialien dazu findet sie nicht selten auf Flohmärkten in Frankreich. Wenn ihr ein Element zu einer Komposition fehlt, hilft sie gern nach. Dann bildet sie es aus Terracotta, modelliert das Gewünschte und bemalt es entsprechend.
Ihre tragbaren (Theater-)Masken waren im Kunsthaus Zürich ausgestellt, bei Clown Dimitri im Einsatz und beim Theater Stadelhofen.
Weiter hat sie ein Gesellschaftsspiel aus 88 Karten geschaffen, die je eine Collage von ihr zeigen, ergänzt mit skurrilen Geschichten.
In der Galerie Alice Metzler in Windlach (nahe Glattfelden) hat sie eine Dauerausstellung und ein Lager.
Ihr «Zauberwelten-Kabinett» am Hirschengraben wollte sie eigentlich schon vor zweieinhalb Jahren eröffnen, Mitte 2020, also als die Corona-Pandemie auf ihrem Höhepunkt war. Richtig gestartet hat sie deswegen erst vor kurzem.
Ihrem Alter angepasst arbeitet sie nicht mehr den ganzen Tag im Atelier, sondern vielleicht noch ein paar Stunden: «Ich habe immer etwa 20 Arbeiten parallel am Entstehen. Man muss reden mit ihnen!» Sie lacht verschmitzt und sagt dann ernsthaft: «Kunst ist mein Leben! Wenn ich nicht arbeiten kann, geht es mir schlecht.»

Elmar Melliger

Margaretha Dubachs «Zauberwelten-Kabinett», Hirschengraben 28, geöffnet jeweils Samstag von 11 bis 16 Uhr, www.margaretha-dubach.ch.